05.11.03

LG Hamburg: "eurodiva"

Ein kuerzlich ergangenes Urteil des Landgericht Hamburg vom 09.09.2003 (Az.: 312 O 329/03) befasst sich mit den Voraussetzungen fuer einen Unterlassungsanspruch im Zusammenhang mit einer Domain-Nutzung. Sofern keine Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts vorliegt, kommt - so das LG - jedenfalls ein genereller Unterlassungsanspruch ohne Bezugnahme auf konkret zu beanstandende Inhalte der Website nicht in Betracht.



Landgericht Hamburg

Urteil

Im Namen des Volkes


In der Sache

- Antragsteller -

Prozessbevollmaechtigte:

gegen

1.) N. GmbH,
vertreten durch die Geschaeftsfuehrer

2.) R.S.,

- Antragsgegner -

Prozessbevollmaechtigte:

erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 12, auf die muendliche Verhandlung vom 9. September 2003 durch

den Vorsitzenden Richter am Landgericht S.,
den Richter am Landgericht Dr. K. und
die Richterin am Landgericht T.

fuer Recht:
I. Die einstweilige Verfuegung des Landgerichts Hamburg vom 2003, Az. 312 0 329/03, wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurueckgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Antragsteller zur Last Das Urteil ist vorlaeufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hoehe von € 3.000,00 abwenden wenn nicht die Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Hoehe leisten.

Tatbestand

Der Antragsteller nimmt die Antragsgegner auf Unterlassung in Anspruch.
Die Antragsgegnerin zu 1) ist im Bereich Fachuebersetzungen und Sprachendienste taetig. Der Antragsgegner zu 2) ist einer der beiden Geschaeftsfuehrer der Antragsgegnerin zu 1).

Der Antragsteller war in der Vergangenheit Gesellschafter und Geschaeftsfuehrer der Antragsgegnerin zu 1). Zwischen dem Antragsteller und den uebrigen Gesellschaftern der Antragsgegnerin zu 1) kam es zu Beginn des Jahres 2003 zu erheblichen Auseinandersetzungen. Die Hintergruende und Ursachen dieser Streitigkeiten werden von den Parteien unterschiedlich dargestellt.

Am 25. Maerz 2003 veroeffentlichten die Antragsgegner auf der Domain www.eurodiva.de, welche auf Herrn A. K. registriert war, folgenden Text:

„Achtung! Eurodiva! Luftblase!
Eurodiva das Vertriebskonzept der Europaeischen, Deutsch, Italienischen Vertriebe und Agenturen fuer Italiener und EU-Buerger in Deutschland und Italien

Wir vermuten dass es sich bei diesem Projekt um eine Luftblase handelt,

dass unserioes um Finanzierung bei Banken und Versicherungen nachgesucht wurde und wird und

ohne Wissen der N. Geschaeftsleitung mit unserem Firmennamen geworben wurde.

Wir distanzieren uns hiermit oeffentlich von diesem „Konzept" und erklaeren, dass wir mit Eurodiva niemals etwas zu tun hatten.

Wir sind fuer alle Informationen von Betroffenen im Zusammenhang mit diesem Konzept dankbar.

Betroffene koennen bei uns Beweismittel anfordern.

Wenden Sie sich an N.
N. GmbH Geschaeftsfuehrer Maerz 2003".

Nachfolgend erwirkte der Antragsteller am 31. Maerz 2003 eine Beschlussverfuegung des Landgerichts Hamburg, Az. 312 O 222/03, mit welcher den Antragsgegnern bei Vermeidung der gesetzliche Ordnungsmittel verboten wurde,

1) folgende Behauptungen aufzustellen und/oder aufstellen zu lassen, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

a) Der Antragsteller habe die Gesellschafter und Geschaeftsfuehrer der Firma N. GmbH und/oder sonstige Dritte betrogen und/oder ihnen Schaden zugefuegt.

b) Der Antragsteller habe zusammen mit seiner Ehefrau im Rahmen einer Wohnungsfinanzierung die finanzierende Bank betrogen,

c) es handele sich bei dem „Vertriebskonzept der europaeischen, deutschen, italienischen Vertriebe und Agenturen fuer Italiener und EU-Buerger in Deutschland und Italien" („Eurodiva") um eine Luftblase,

d) fuer dieses Projekt sei unserioes um Finanzierung bei Banken und Versicherungen nachgesucht worden;

2) unter der Internetadresse www.eurodiva.de Inhalte in das Internet einzustellen.

Auf den dortigen Widerspruch der Antragsgegner bestaetigte die Kammer mit Urteil vom 12. Juni 2003 die einstweilige Verfuegung vom 31. Maerz 2003, soweit den Antragsgegnern mit dem Unterlassungstenor zu 1. a verboten worden war, die Behauptung aufzustellen und/oder aufstellen zu lassen, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, der Antragsteller habe die Gesellschafter und Geschaeftsfuehrer der Firma N. GmbH betrogen und/ oder ihnen bzw. Dritten Schaden zugefuegt.

Im uebrigen wurde die einstweilige Verfuegung vom 31. Maerz 2003 aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurueckgewiesen.

Zwischenzeitlich hatte der Antragsteller bemerkt, dass die Antragsgegner - nach Zustellung der Beschlussverfuegung vom 31. Maerz 2003 - ihre modifizierten negativen Ausfuehrungen zu dem Konzept Eurodiva ueber die Domains „www.eurodiva.net" und „www.eurodiva.org" verbreiteten.

Inhaber dieser beiden Domainadressen war wiederum Herr A. K., ein Mitarbeiter der Antragsgegner (Anlage ASt 1 ).

Daraufhin erwirkte der Antragsteller am 7. Mai 2003 die vorliegende Beschlussverfuegung des Landgerichts Hamburg, mit welcher den Antragsgegnern bei Vermeidung der gesetzliche Ordnungsmittel verboten wurde, unter einer Internetadresse, die den Namensbestandteil „eurodiva" enthaelt Inhalte in das Internet einzustellen.

Gegen diese Beschlussverfuegung wenden sich die Antragsgegner mit Widerspruch vom 12. Juni 2003.

Sie sind der Ansicht, die monierten aeusserungen seien lediglich berechtigte Reaktionen auf widerrechtliches, zumindest unlauteres und geschaeftsschaedigendes Verhalten des Antragstellers von erheblichem Gewicht.

Da der Antragsteller sein Konzept nicht mehr unter der Bezeichnung Eurodiva anbiete, stuenden ihm keinerlei Rechte an dieser Bezeichnung zu.

Die Antragsgegner beantragen,
unter Aufhebung der einstweiligen Verfuegung vom 7. Mai 2003 den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurueckzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,
die einstweilige Verfuegung vom 7. Mai 2003 zu bestaetigen.
Er ist der Ansicht, ihm stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegner zu.

Er sei Inhaber der Urheberrechte an dem „Vertriebskonzept der europaeischen, deutsch, italienischen Vertriebe und Agenturen fuer Italiener und EU-Buerger in Deutschland und Italien", kurz „eurodiva" genannt. Dieses Vertriebskonzept sei von ihm selbst entwickelt worden. Daher stuenden ihm auch entsprechende Titelrechte zu.

Sollte der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht bereits aus kennzeichenrechtlichen Gesichtspunkten begruendet sein, sei er jedenfalls aus allgemein zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen gerechtfertigt.

Hinsichtlich der naeheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsaetze samt Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 9. September 2003 verwiesen.

Entscheidungsgruende

Der Widerspruch der Antragsgegner ist zulaessig und begruendet.

I.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch, naemlich unter einer Domain, welche den Namensbestandteil „eurodiva" enthaelt, Inhalte in das Internet einzustellen, ist unbegruendet. Dieses Verbot wird unabhaengig vom konkreten unter der Domain eingestellten Inhalt verlangt.

ueber eine eingetragene Marke „EURODIVA" verfuegt der Antragsteller unstreitig nicht. Es erscheint auch fraglich, ob dem Antragsteller eine Benutzungsmarke „EURODIVA" nach § 4 Nr. 2 MarkenG oder ein Werktitelschutz fuer „EURODIVA" gemaess § 5 Abs. 3 MarkenG zugestanden haben. Da der Antragsteller die Bezeichnung „EURODIVA" fuer sein Vertriebskonzept zwischenzeitlich aufgegeben hat, sind jedenfalls etwaige zuvor begruendete Marken- und Titelrechte zwischenzeitlich erloschen.

Der Antragsteller kann den verlangten Unterlassungsanspruch auch nicht aus Urheberrecht geltend machen. Ein etwaiges Urheberrecht entsteht allenfalls am Werk, d.h. an dem Vertriebskonzept selbst, nicht jedoch an dessen Titel. Der Titelschutz ist jedoch - wie vorstehend ausgefuehrt - mit der Aufgabe der Bezeichnung erloschen.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist auch nicht nach § 826 BGB begruendet. Der Antragsteller will den Unterlassungsanspruch allein auf die Verwendung des Namensbestandteils „eurodiva", nicht jedoch auf den Inhalt der jeweiligen Internetseiten stuetzen. Rechte an dem Namensbestandteil „eurodiva", deren Verletzung im Rahmen des § 826 BGB geltend gemacht werden koennten, bestehen jedoch aufgrund der Aufgabe dieser Bezeichnung durch den Antragsteller nicht.

Der Antragsteller ist auch nicht rechtlos gestellt, denn es steht ihm frei, sich gegebenenfalls gegen die Inhalte der verschiedenen Internetseiten zu wenden. Daher sieht das Gericht auch keinen Anhaltspunkt dafuer, dass dem Antragsteller der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 242 BGB zuzuerkennen waere.

Die Beschlussverfuegung vom 7. Mai 2003 war daher aufzuheben, der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurueckzuweisen.


II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Ausspruch ueber die vorlaeufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Veroeffentlicht von RA Strunk - 05.11.03 00:29 | TrackBack

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