DDR und Deutschland Heute
Teil IV
 Wissenschaftlich-theoretische Grundlagen
für den Vergleich

Grundlagen

Adolf Dresen

Adolf Dresen: " Ja, Deutschland, wo liegt es?" Er war einer der größten deutschen Theaterregisseure, der "unerbittlich nach dem Wesen der Dinge" forschte. Am 11. Juli 2001 starb Adolf Dresen. mdr.de erinnert mit einem Spezial.

 

  Adolf Dresen Eine oft kolportierte Szene: Hans Mayer fragt Adolf Dresen im Examen, was er von Kleists "Prinzen von Homburg" halte. Seine Antwort: "Nichts." Es folgte eine Stunde Disput und Dresen bestand die Prüfung, u.a. auch deshalb, weil er ganze Passagen des Stückes, das er nicht mochte, herunterbeten konnte.

Adolf Dresen war einer der größten deutschen Theaterregisseure - ein Intellektueller und Künstler, der "unerbittlich nach dem Wesen der Dinge" forschte. Mit seinem Tod am 11. Juli 2001
verlor das deutsche Theater auch einen politischen und streitbaren Denker.

Ärger mit DDR-Kulturbürokraten

Der aus Mecklenburg-Vorpommern stammende Dresen, der in Leipzig studierte, fiel erstmals 1964 mit einer eigenwilligen "Hamlet"-Inszenierung in Greifswald auf. Die Kulturpolitiker sahen darin einen Angriff auf das sozialistische Menschenbild.

Adolf Dresen ging zur Bewährung in die Produktion. Von dort holte ihn Wolfgang Heinz ans Deutsche Theater Berlin. Es entstanden heute berühmte Inszenierungen wie "Faust I" (1968), das Kleist-Projekt und "Clavigo" (1971). Mehrfach wurden seine Inszenierungen auf politischen Druck hin verändert. Der "Walpurgisnachttraum" aus seiner Faust-Interpretation wurde gestrichen. Der Vorwurf: Er habe die "humanistische Substanz der Faust-Gestalt" beschädigt. Dresens "Clavigo" wurde 1971 gar nach der Premiere vom Spielplan genommen.

Pessimistischer Blick in die Zukunft

Ab 1977 war Dresen an internationalen Bühnen, von Hamburg über Wien bis Brüssel, tätig. 1981 übernahm er die Leitung des Frankfurter Schauspiels, gab sie jedoch wegen der Doppelbelastung von Regie und Theaterleitung wieder auf, weil sich nach seinem Bekunden in einem Land "der Autos, Kühlschränke und Farbfernseher" niemand für seine Ideen interessierte. Früher nicht frei genug, dann ohne intellektuelle Resonanz verabschiedete sich Dresen 1985 vom "Theater der Schauspiele". Er wurde Gastregisseur an den großen europäischen Musiktheatern. In Wien inszenierte er den "Ring" und "Wozzeck", in Frankfurt/Main die "Jenufa".

Dresen selbst äußerte sich auch in seinen letzten Lebensjahren mehrfach pessimistisch über die Zukunft des Theaters. Der Ensemble-Gedanke finde sich nur noch an kleinen Häusern. Außerdem führe ein übersteigertes Regietheater zunehmend dazu, dass der Schauspieler nur noch eine Marionetten-Funktion wahrnehme. Ihm sei Beliebigkeit und Ungenauigkeit ebenso verhasst "wie sinnentleerte Spiele auf der Bühne".

Unbeirrt von politischen Systemen und Ideologien

Am 11. Juli 2001 starb Adolf Dresen im Alter von 66 Jahren in Leipzig. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin. Sein Grab liegt unweit von dem seines Lehrers Hans Mayer, der im Mai 2001 verstarb.

Die Berliner Akademie der Künste würdigte Adolf Dresen im Nachruf als Intellektuellen und Künstler, der "unerbittlich nach dem Wesen der Dinge in der Kunst wie im Leben" forschte. Dresen sei immer auf der Suche gewesen, "unbeirrt von politischen Systemen und Ideologien". Seine Gabe, Geschichte mit Philosophie und Kunst mit Wissenschaft zu verbinden, habe eine große Öffentlichkeit begeistert. Der Schriftsteller Christoph Hein formulierte, Dresen sei unverfroren an die "geheiligten Werke des Theaters und der Oper herangegangen". Sein "gründliches, radikales Nachfragen" habe ihn zu fulminanten Inszenierungen befähigt, "mit denen er sich in der DDR, dann im vereinten Deutschland und in Europa einen Namen machte".

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 25.04.04
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