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Rolf Schälike - Zeitzeuge

Junge Deutschrussen und deren Probleme in Deutschland - Rolf Schälike - 29.02.2004

  • die Disco, die Kneipe, der Funsport oder das Kino sind zu teuer
  • das Jugendheim ist viel zu klein
  • die Gleichaltrigen in den gut betuchten Stadtteilen überlegen sich, ob es wohl schicker ist, ein Jahr in Neuseeland oder den USA zu verbringen, aber die jungen Deutschrussen aus Kasachstan haben ein Problem, wenn es regnet
  • wo zehn oder fünfzehn von junge Deutschrussen zusammenstehen, mit ihrer Fröhlichkeit, ihrem Temperament, da fühlen sich Anwohner in dem kleinen Gebiet, in dem mehr als 5000 Menschen auf einem Quadratkilometer leben, schnell gestört
  • jeden Tag kommt die Polizei und kontrolliert die Ausweise
  • den Spielplatz dürfen sie nicht betreten, weil sie älter als vierzehn sind
  • an der Bushaltestelle stören sie angeblich den Busbetrieb
  • wenn sie sich im Regen unter dem Vordach irgendeiner Haustür zusammendrängen, droht eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch
  • wer ein Fahrrad dabei hat, gerät schnell in Verdacht, es gestohlen zu haben.
  • wer zum zweiten Mal an derselben Stelle angetroffen wird von der Polizei, der kann einfach im grünweißen Wagen mitgenommen werden
  • es gibt so viele Regeln in Deutschland
  • wer in Russland ein Mofa hat, der fährt einfach damit. Hier braucht man einen Führerschein und darf es nicht schneller machen, sonst hat man sofort eine Anzeige
  • sogar zum Angeln braucht man einen Schein
  • ob sie nach Deutschland wollten, danach hat sie nie jemand gefragt
  • mit 7, 8 oder 11 Jahren mussten sie sich von ihren Freunden, ihrer Schule, von lieb gewonnenen Haustieren und der vertrauten Umgebung verabschieden und neu beginnen in dem Land, das in ihren Familien seit Generationen als ihre Heimat galt, auch wenn es tausende Kilometer entfernt ist von ihren Geburtsorten
  • in einer deutschen Klasse verstehen sie zunächst kein Wort
  • sie überfällt das Gefühl, im falschen Film gelandet zu sein
  • jeden kostet es ein ganzes Schuljahr
  • die meisten kostet es auch den Hauptschulabschluss und damit jede Chance auf einen Ausbildungsplatz
  • deutsch sprechen und verstehen ist schnell gelernt
  • beim Schreiben in der neuen Schrift mit den zahllosen Regeln tun sie sich schwer.
  • mögen vielleicht manche ihrer Eltern oder Großeltern sich heimlich wünschen, das Leben hätte einen Rückwärtsgang, für die jungen Deutschrussen oder Russlanddeutschen, die selbst nicht so genau wissen, was sie nun sind, und die dort als Deutsche, hier als Russen beschimpft wurden, wäre es schon gut, wenn es wenigstens einen Vorwärtsgang hätte
  • es ist für sie völlig unbegreiflich war, dass Menschen nackt wie Gott sie schuf in der Natur herumliefen und baden
  • sie lagern in großen Gruppen mit Oma und Opa am See und mit dem Nacktbaden ist es endgültig vorbei
  • sie wissen, dass man bei der Polizei nur das zugeben soll, was diese beweisen kann; für die Polizei gehören die Deutschrussen damit schon zu den schweren Kriminellen.
  • sie haben nicht beobachtet, wie die deutschen Familien ihr Geld verdienen
  • sie sehen nicht den Unterschied zwischen Werbung und Wirklichkeit im deutschen Leben
  • sie haben keine Beziehung zu den deutschen Parteien und Organisationen
  • sie möchten nicht mehr Russen sein, sie möchten ihre Heimat verleugnen
  • sie kennen nicht englisch und Russisch möchten sie vergessen
  • sie sprechen ein eigenes Russisch, vermengt mit deutschen Wörtern, die ihnen russisch nicht geläufig sind
  • sie flüchten in die Drogenszene bzw. Gewaltszene, wo sie etwas bedeuten können
  • vielen bieten orthodoxe Sekten einen Halt
  • sie wissen nicht, was Kirchensteuern sind
  • sie wissen nicht was Steuererklärungen sind
  • ihre Führerscheine werden nicht anerkannt
  • die deutschen Gesetze unterscheiden Deutschrussen verschiedener Grade, wovon die Höhe der Sozialhilfeleistungen abhängt
  • sie haben zum Teil noch ihre russischen Pässe und sind in Russland Russen
  • sie wissen nicht, was Wegerecht bedeutet
  • sie wissen nicht, welche Rechte an welche Pflichten gekoppelt sind
  • sie wissen nicht, wie hart die meisten Deutschen arbeiten

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 29.02.04
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