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Rolf Schaelike - Zeitzeuge

Selbstgespraech eines geborenen Schwindlers - von Rolf Schaelike

Geboren bin ich in Chemnitz, kann auch Leipzig oder Dresden gewesen sein, jedenfalls in einer Kleinstadt und ich bin in einer bornierten und beschraenkten Umgebung aufgewachsen. Das ist mir aber erst spaeter bewusst geworden. Obwohl  ich mit meinem Vater und meiner Mutter schon in den fuenfziger Jahren als Kind mit nach dem Westen verschwand, und als Erwachsener meine Grenzen erkannt habe, werde ich niemandem und niemals meine Borniertheit zugeben. Leider bin ich auch im Westen in Schwaben in einer Kleinstadt aufgewachsen. Das war zwar die deutsche Uhrenschmiede, aber leider eben auch ... . Diese Stadt hat es nicht geschafft, Deutschland als  Uhrenschmiede zu erhalten, geschweige denn weiter zu entwickeln. Ich wollte aber gross hinaus. Niemand hat es mir beigebracht, wie das funktioniert. Da habe ich mich fuers Schwindeln entschieden, zumal das damit bei mir schon als Kind, spaeter in der Schule und als Erwachsener zu klappen schien.

Zunaechst musste ich eine reiche Frau heiraten und einen Hochschulabschluss machen.

Mit der reichen Frau hatte ich Glueck. In unserer Klasse gab es ein nettes Maedchen, deren Vater eine Fabrik besass. Liebe vorgaukeln konnte ich, das tun ja fast alle Maenner. Ich nutzte den Wunsch dieses Maedels, unabhaengig von der Familie zu sein. Ich bot verbale Perspektiven. Wurde zwar von ihr oft beim Schwindeln erwischt, aber dass reizte mich gerade; ich konnte an ihr trainieren. Ihr Vater war urspruenglich Handwerker, ehe er sich zum grossen Fabrikanten entwickelte. Es fiel mir nicht schwer, dem Maedel klarzumachen, dass Handwerker kein Feeling fuer wahre Perspektiven haben, auch wenn sie spaeter reich geworden sind. Die Perspektiven bot ich meinem Maedel, genauer gesagt, ich gaukelte ihr diese vor. Ich hatte ja kein Geld, das hatte sie, zumindest als potentielle Erbin. Das entwickelte sich natuerlich zum ewigen Problem. Ich war gefordert und verfeinerte meine Schwindeltechnik. Konnte bald selbst nicht mehr unterscheiden, was wahr und was von mir hinzuerdacht wurde.

Das Schwindeln entwickelte meine Phantasien, ich wurde schoepferisch, das erkannten auch andere, die mich oft ertappten, aber mir auch verziehen.

Zum Studieren fuhr ich ins Ruhrgebiet. War sogar aktiv unter den 68ern. Das bilde ich mir wahrscheinlich auch nur ein - ist ja schon lange her - und erzaehle das auch allen. Ich war ein Linker. Die Linken 68er wollten ja Karriere, waren damals aussen vor, wie ich. Der Scharping schwaermte von der Planwirtschaft in der Sowjetunion und der DDR. Mit dem habe ich zusammen gekaempft. Das erzaehle ich heute haemisch und distanziere mich von den Linken. Man kann aber nie wissen, wie sich das Blatt wendet. ueberpruefen kann meine Aktivitaeten niemand. Da erzaehle ich gerade das, was die anderen hoeren moechten.

Geld verdienen ohne Leistung habe ich schon frueh in den sechziger Jahren bei den Bauern gelernt. Wir schrieben nur Stunden auf, arbeiteten aber nicht. Die Maedels, die Sonne und das Baden waren uns lieber. Die 5,00 Mark pro Stunde erhielten wir trotzdem. Damit gewann ich die praktische Erkenntnis, Geld kann auch ohne Leistung verdient werden. Dass Schwindeln auch Leistung abverlangt, hatte ich zunaechst nicht bedacht. Das Leben korrigierte spaeter sehr hart meine Erkenntnisse. Aber da war es schon zu spaet. Ich war verschuldet, und konnte nur noch ueber neue Schulden und Versprechen aus dem Schuldenloch rauskommen. Die Schwindelmaschine, d.h. ich, lief auf vollen Touren.

Das Studium habe ich natuerlich abgebrochen. Wozu auch. Niemand verlangt von mir das Stueck Papier, das Diplom heisst. Da kann ich einfach behaupten, ich bin Diplom-Wirtschaftsingenieur. Klingt gut. Meinen Kindern habe ich beigebracht, den Widerspruechen in den Erzaehlungen anderer und dem, was sie von mir wissen, nicht nachzugehen. Ich bin der, der meine Toechter liebt, die anderen wollen von ihnen nur Schlechtes.

Sex ist mein Hauptproblem. Ich bin ein Mann, wie viele andere. Leider bin ich klein und  haesslich. Ich weiss, dass sich viele vor mir ekeln. Ich rede lieber vom Sex. Wenn es zur Sache kommt, dann kneife ich einfach. Und trotzdem brummt es in meinem Kopf immer nur von Sex. Ich sehe mir gerne Pornos an, tausche diese wolllustig mit meinen Bruedern und Freunden. Mein PC ist damit voll. Viren nehme ich gern in Kauf.

Real sieht es mit dem Sex bei mir aber schlecht aus. Ich freue mich, dass meine Frau eifersuechtig ist. Das ist mir lieber als Orgasmen. Ich moechte pervers sein, traue mich aber nicht.

Als meine Toechter aufwuchsen, konnte ich mich nicht beherrschen. Die aeltere wurde magersuechtig. Die Juengere wurde krank und leidet chronisch. So haben sie sich vor mir geschuetzt. Meine liebe Frau, sehr glaeubig, musste zu mir halten. Was blieb ihr denn auch uebrig. Ich wurde ja auch glaeubig und betone das heute, wo ich es nur kann. Auch mit den Scientologen liebaeugele ich.

Beruflich wandte ich mich einer Schwindelbranche zu, den Versicherungen. Am meisten Spass machten mir die Schulungen, wie man die Leute ueber das Ohr hauen kann. Ich lernte die Bedeutung des Kleingedruckten, des sinnlosen Bequatschens bis zur Unterschrift. Ich lernte, nach dem Mund zu reden, ohne Verpflichtung und Inhalt. Schoenreden und Angstmachen geilten mich auf. Pyramiden, Schneeball-Systeme wurden zu meinen Vorbildern. Ich wollte gross raus. Beriet Vorstaende, ging Buergschaften ein, wollte klueger sein als die anderen. Das Geschaeft lief, meine Frau schoss ihr Geld im Vertrauen auf mich und zur Schadensbegrenzung - ha,  ha, ha, - dazu. Dann flog alles auf. Es gelang mir nicht, die Schuld dem Vorstand und den anderen zuzuschieben. Ich war im Schwindeln doch noch nicht Meister.

Ich verlor Haus mit Schwimmbecken, meine Autos, alles. Mein Schwiegervater, dieser beschraenkte Kapitalist, Techniker und Geizkragen verachtete mich noch mehr. Die Schwestern und Schwager bemitleideten meine Frau. Aber sie war in meinem Netz gefangen. Wir hatten ja zwei Toechter und Sex. Sie war sehr glaeubig und glaubte noch an mich. Gott beschuetze dieses liebe Wesen!

Mit mehr als 500.000,00 Mark Schulden zogen wir in eine Mietwohnung. Ich versuchte meinen Lebensstil zu halten. Das Auto schenkte mein Schwiegervater meiner Frau, verbot ihr zwar, mich damit fahren zu lassen, aber ... . Segeln konnte ich mit meinen alten Freunden. In der Schweiz hatte mein reicher Jugendfreund eine Villa. Es stoerte ihn nicht, wenn wir dort Urlaub machten. Auch mein Schwiegervater stellte sein Haus am See unserer Familie, seinen Enkelinnen und seinem Urenkel zur Verfuegung. Mich konnte er nicht rausekeln.

Bloed war nur, dass alle Geld hatten, ich aber Schulden. Ich musste mich aendern, besser gesagt, den anderen aenderung vortaeuschen.

Ich schlich mich in eine Firma als Gesellschafter und alleinvertretungsberechtigter Geschaeftsfuehrer ein. Das war die Gelegenheit. Die anderen Gesellschafter und Geschaeftsfuehrer waren Techniker und Wissenschaftler, die verstanden nichts von Wirtschaft und der Bedeutung von Lug und Trug. Es waren Workaholics, die es nicht zu Millionen gebracht hatten.

Mich liessen sie schalten und walten. Die serioese Firma im Hintergrund, gewann ich etwas Vertrauen beim Schwiegerpapa, bei meinem alten Freund und konnte bei diesem Geizkragen mehr als 100.000,00 EUR an Investitionen rausleiern. Ans Zurueckzahlen dachte ich nicht, die hatten ja genug Geld und wurden durch mich nicht aermer. Schuldige konnte ich denen notfalls immer praesentieren.

Ich zockte ab, liess die Firma in die Insolvenz gleiten. Mein eingezahltes Risikokapital von 150.000,00 habe ich unbemerkt rausgeholt und wollte beim Abgang mir noch einmal die 150.000,00 ziehen. Eine Verdoppelung des investierten Kapitals in 2 Jahren sollte das Geschaeft meines Lebens werden, denn es wurde hoechste Zeit. Ich habe vor, mit meiner Frau im Alter die Zeit gemeinsam noch frei und unabhaengig zu gestalten. Da interessieren mich meine Partner nicht. Diese Workaholics sind selber schuld, so dumm zu sein.

Dann wurde ich einen Monat zu frueh erwischt.

Jetzt muss ich beweisen, dass ich betrogen wurde. Auch das habe ich gelernt. Meine frueheren Prozesse, die ich alle verlor, waren zugleich auch Schule. Ich verlor  nur wegen der eidesstattlichen Versicherungen der Gegenseite und deren falschen Zeugenaussagen. Da bin ich aber lernfaehig, habe jetzt schon vier falsche eidesstattliche Versicherungen abgegeben und baue auf falsche Zeugenaussagen. In meinen Klagen und Schriftstuecken gibt es mehr als 200 Luegen. Das glaubt kein Richter, wenn diese Typen das dem Gericht vorlegen. Also werde ich gewinnen, obwohl meine Schulden steigen und steigen. Inzwischen sind es fast eine Million Euro. Die hole ich mir von meinen frueheren Partnern, auch wenn die kein Geld und Besitz haben. Das ist mir egal.

Ich muss nur noch durchhalten, bis mein Schwiegerpapa stirbt, na, und die Schwiegermama dazu. Dann ist meine Frau Millionaerin. Die werde ich schon ueberzeugen, wie mit den anderen zu verfahren ist. Sie kann meine Schulden abzahlen. Wozu hat sie mich auch geheiratet und sich betruegen lassen. Selber schuld.

Wozu habe ich all die Jahre gelernt, gearbeitet und geschwindelt! Wozu habe ich all die Jahre meine Naechsten betrogen, meine Toechter krank gemacht, mich erniedrigt, Arschtritte eingesteckt, mir Pornos angesehen und zu oft auf schoenen Sex verzichtet!

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 24.04.04
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