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Hunde in Ost und West - Rolf Schälike Mai 2005

Schon in der DDR fiel mir auf, dass die Hunde, vor allem die älteren, ihren Herrchen ähneln. Dicke hässliche Mopse gehören dicken hässlichen Frauen. Doggen sind Hunde von Männern mit ernsten Gesichtern. Bei hübschen Windhunden schaute ich gerne auf das Frauchen.

Die Hunde mussten in der DDR angeleint ausgeführt werden, denn die Gefahr des sich Zerfleischens war zu groß. Ich kannte es nicht anders. Für mich war das normal.

Dann 1985 Hamburg.

Große, kleine Hunde, Doggen und Schäferhunde, die Dackel und Pudels, Terrier und Mischlinge spielten ohne Zank auf den Elbwiesen und beachteten sich auf der Straße sehr gelassen, falls überhaupt.

Die Hamburger durften in den Gaststätten zusammen mit ihren Hunden den abend genießen - in der DDR undenkbar. Auch in die Geschäfte konnten Hunde mitgenommen werden. In der U- und S-Bahn fuhren die Hunde ohne Maulkorb mit.

Kritisch dem Westen gegenüber eingestellt, dachte ich, die bringen die normalen Hunde um, es bleiben nur die lieben. Das war ein Irrtum.

Im Kaufhof an der Mönckeberger Straße zankten sich einmal zwei mittelgroße Hunde. Das war 1987, denn die ersten Jahre ging ich als Mittelloser nicht ins Stadtzentrum. Ich war es nicht gewohnt, etwas kaufen zu wollen, aber das Geld dafür nicht zu haben. Nach zwei Jahren war die Geldnot überwunden. Meine Bedürfnisse entsprachen meinem Geldbeutel. So sah ich also die Szene des Hundekampfes. Die Regale flogen, Lebensmittel und Geschirr waren zerstört. Ich dacht, jetzt wird es aber Krach geben. Nichts dergleichen. Zwei Verkäuferinnen warteten bis die Frauchen ihre Hunde wieder in Griff hatten und meinten leise: "Wie schrecklich für die Hunde. Warum gehen die auch mit den Hunden ins Kaufhaus?"

Ich begriff. Die Hunde in Hamburg waren nicht extra gezüchtet und über die Jahre selektiert. Nein, es waren die anderen Menschen, die toleranten zwischenmenschlichen Beziehungen, die die Hunde übernahmen.

Das war nicht nur in Hamburg so. Eine Szene in Trier 1998, kann ich nicht vergessen. Hochsommer, Im Stadtzentrum ein Delikatessen-Fleischladen. Die Verkäuferinnen und die Käuferinnen alle Schick Micki.

Dann betritt diesen Laden ein fast Landstreicher mit drei angeleinten Afghanischer Windhunden und wählte gelassen delikate Wurstscheiben. Alle drei Afghaner stellten sich auf die Hinterbeine und schauten über die Vitrine zu. Kein Protest der Verkäuferinnen und der wenigen Schicki Micki Damen, die im Laden einkauften. Der Anblick war zu genüsslich. Es gab keinen Grund, sich gegenseitig zu belehren. Die Grenze zur DDR war noch zu.

Dann nach 1989. Ich hörte Beschwerden.

Meine Tochter erzählte, dass eine Klassenschülerin den Klassenraum zur Strafe verlassen musste. Auf meine Frage, es ist bestimmte eine neue Lehrerin aus der DDR gewesen, hörte ich die bejahende Antwort.

Wir wissen heute alle, dass Knöllchen und Strafen nicht mehr nur bei Gefahr und wirklicher Störung verteilt und verhängt werden, sondern aus Prinzip und zur Verbesserung des Hamburger Haushalts. Bei den Besitzer teurer Autos kommt noch der inzwischen vom Staat geförderter Neid als Richtschnur zur Handlung hinzu. Ob auch das auf die DDRer zurück zu führen ist, kann ich nicht beweisen. Wundern würde ich mich nicht.

Ähnlich schein es mit dem nur geplanten Leinenzwang zu sein.

Die zwischenmenschlichen Beziehungen haben sich jedenfalls verändert und darunter leiden nun auch die Hunde.

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 25.05.04
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