DDR und Deutschland Heute

Wahrheitspflicht des Rechtsanwalts
2003/2004


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Interpretation des Gesagten durch das Gericht

Aus dem Urteil des Bezirksgerichts Dresden (November 1984)

Ausreiseantrag ist Verleumdung

Nachdem der Angeklagte Anfang März 1984 vom VEB Robotron Karl-Marx-Stadt die Mitteilung erhielt, daß der Betrieb infolge anderer organisatorischer Regelungen von dem geplanten Dolmetschereinsätzen des Angeklagten zurücktreten und diese annullieren müsse, faßte er kurzfristig den Entschluß, einen Antrag auf ständige Ausreise zu stellen. Er fertigte deshalb am 9. März in seiner Wohnung auf der Schreibmaschine ein Schreiben, das an den Rat des Stadtbezirkes Dresden-Mitte gerichtet war. In diesem behauptete er wahrheitswidrig, in der DDR jahrzehntelang persönlich, beruflich und politisch entwürdigt worden zu sein, weshalb er sich zu diesem Antrag entschieden habe. Dieses Schreiben gelangte von ihm auf dem Postweg zum Versand und erreichte auch den Empfänger.

Schreiben vom 9.3.1984 an Stadtbezirk-Mitte - Abteilung Inneres

Soweit der Angeklagte in seinem Schreiben vom 9.3.1984 an Stadtbezirks Dresden-Mitte u.a. behauptete, jahrzehntelang persönlich, beruflich und politisch entwürdigt worden zu sein, ist diese Behauptung wahrheitswidrig. Hierzu ist an anderer Stelle festgestellt worden, daß er von vielen staatlichen Stellen und betrieblichen Einrichtungen jegliche Unterstützung erhielt, um entsprechend seiner Ausbildung arbeiten und leben zu können. Aufgrund seines sehr guten Einkommens hat er sich ausgedehnte Reisen in die Sowjetunion leisten können und verfügte über einen überdurchschnittlichen Lebensstandard. Seine schriftlichen Äußerungen sind geeignet, die staatliche Ordnung als Ganzes zu beeinträchtigen, da sie den Charakter einer Verächtlichmachung beinhalten. Den Ausführungen der Verteidigung, die Zweifel an der Erfüllung des Tatbestandes zum Ausdruck brachten, kann deshalb nicht gefolgt werden. Da das Schreiben auf dem Postweg den Empfänger erreichte und dort geöffnet wurde, ist Öffentlichkeit gegeben. Die Einlassung des Angeklagten, daß er sich entwürdigt gefühlt habe, ist ungeeignet eine andere rechtliche Würdigung zu treffen. Er hat seine Formulierungen der Wahrheit zu wider verfaßt, damit sein Gesuch auf ständige Ausreise aus der DDR begründet und somit eine öffentliche Herabwürdigung begangen.

Insoweit hat sich der Angeklagte subjektiv und objektiv eines Vergehens gemäß § 220 Abs. 2 StGB schuldig gemacht.

Kommentar von Rolf Schälike

Der Ausreiseantrag lautete: Aufgrund jahrzehntelanger persönlicher, beruflicher und politischer Entwürdigung bitte ich um die Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR.

Mir war es absolut egal, ob der DDR-Staat mich entwürdigen wollte oder nicht, ob die Vertreter dieses Staates, das auch so empfanden wie ich.
Mit dem Ausreisantrag wollte ich nur kundtun, dass ich mich entwürdigt fühle.
Ich bin nicht davon ausgegangen, das der Staat und das Gericht die deutsche Sprache gepachtet haben.
Das hat das Gericht nicht anerkannt und entschieden, dass ich den DDR-Staat verleumde.

Dasselbe passiert mir jetzt

Auf meinen Internet-Seiten steht:

Es stimmt allerdings, dass die Verdrehung der Wahrheit mit gleichen Methoden  - was ich damit meine, siehe auf der Seite "Warum erinnern mich die Rechtsanwälte des Klägers an die DDR"  - erfolgt, allerdings unter verschiedenen äußeren Bedingungen.
Auch das unrechtmäßige Handeln staatlicher Organe der ehemaligen DDR erfolgte durch konkrete Menschen, u.a. auch Rechtsanwälte.
Möchte Herr Rechtsanwalt diese meine Erkenntnisse und darauf aufbauenden Untersuchungen verbieten?
Es gibt dazu Veröffentlichungen!

Der Rechtsanwalt und das Gericht interpretieren diese Sätze, als ob sie die deutsche Sprache gepachtet haben, folgendermaßen:

Der Rechtsanwalt verdrehe die Wahrheit mit den gleichen Methoden wie beim unrechtsmäßigen Handeln staatlicher Organe der ehemaligen DDR.

Kommentar von Rolf Schälike

Es steht doch eindeutig im Internet: "unter verschiedenen äußeren Bedingungen".
Damit wird doch das Handeln der staatlichen Organe der ehemaligen DDR dem Rechtsanwalt nicht unterstellt, im Gegenteil, es wird unterschieden und offen gelassen, wie weit und nahe der Rechtsanwalt in der DDR dem Staat gedient hätte.

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 10.03.04
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