04. Maerz 2004
Richter hinterzog Steuern - Geldstrafe
Prozess: Der 63-Jaehrige hatte Zinseinkuenfte verschwiegen.
Von Ralf Nehmzow
Jahrzehntelang sprach er Recht, verkuendete
Urteile - nun sitzt er selbst auf der Anklagebank. Von 1997 bis 2001
hinterzog der fruehere Amtsrichter Michael S.-L. (63) Steuern, rund 65 000
Euro. Der Richter muss 22 000 Euro Geldstrafe zahlen, da er gestern seinen
Einspruch gegen den verhaengten Strafbefehl zurueckzog.
"Sie sind doch Richter, ein Blick in einen juristischen Kommentar haette
genuegt", sagt Amtsrichter Friedrich Funk (62) und schuettelt fassungslos
den Kopf. Es sei nur ein Formfehler gewesen, verteidigt sich der
Angeklagte. "Ich wollte doch reinen Tisch machen", echauffiert er sich.
Rueckblick: Jahrelang verschwieg S.-L. dem Finanzamt Nord, dass er
betraechtliche Zinseinkuenfte hatte - Ertraege aus einem Millionen-Vermoegen,
das er in Luxemburg besass. Er zahlte keine Einkommensteuer auf die
Zinseinkuenfte, hinterzog so die Steuern. Im Januar 2002 stellte er eine
"Selbstanzeige". Doch die war formell nicht korrekt, sagt die
Staatsanwaltschaft - weil er keine konkreten Zahlen ueber seine Einkuenfte
angab. Die Rechtsprechung verlangt, dass man beim Finanzamt so genaue
Daten angibt, dass die Behoerde "ohne grosse Nachforschungen" die Steuer
nachpruefen kann.
"Ich wollte nichts vertuschen", sagt der Angeklagte, er habe nur eine
bevorstehende Gesetzesaenderung im Steuerrecht abgewartet, die Zahlen haette
er nachgereicht, behauptet er. "Warum sollte ich sonst eine Selbstanzeige
machen?" Nach der Gesetzesaenderung waere er moeglicherweise steuerlich
guenstiger weggekommen. Nur durch den "Formfehler" der unwirksamen
Selbstanzeige sei er nun vorbestraft, grummelt er. "Sie haben gepokert",
kontert Amtsrichter Funk. Der Oberstaatsanwalt pflichtet ihm bei: Gerade
bei einem angeklagten Richter muessten "andere "Massstaebe gelten". Viele
Menschen saehen Steuerhinterziehung immer noch als Kavaliersdelikt,
kritisiert der Anklaeger. "Sie haben zehn Jahre lang Steuern hinterzogen";
nur fuer die Zeit zwischen 1997 bis 2001 koenne er bestraft werden, der Rest
sei strafrechtlich verjaehrt. Doch: Michael S.-L. muss neben der Geldstrafe
noch die gesamte Steuerschuld bezahlen, insgesamt rund 130 000 Euro.
Quelle: Hamburger Abendblatt vom 04.03.2004
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Rolf Schaelike
Dieses
Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 28.01.04
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