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Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg
Urteil vom 06.11.2003
5 U 64/03
schufafreierkredit.de

MarkenG § 14 Abs. 2, Abs. 5

Leitsaetze (der Redaktion)

1. Voraussetzung des Verbotstatbestandes aus § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG ist, dass die Marke in der als verletzend beanstandeten Form zeichenmaessig, mithin herkunftshinweisend verwendet wird.

2. Die Frage, ob Domain-Namen in der Regel eine herkunftshinweisende bzw. unternehmenskennzeichnende Funktion haben und deshalb in ihrer Verwendung ein Namensgebrauch liegt, ist nach Art und Inhalt des konkreten Domain-Namens und der dazu bestehenden Verkehrsauffassung zu beurteilen.

3. Die Nutzung der Domain "schufafreierkredit.de" ist im Ergebnis hingegen produktbeschreibend und dient der Bezeichnung einer bestimmten Art von Krediten im Sinne einer "Negativabgrenzung" zu den Darlehensgeschaeften, bei denen - wie dies die Regel ist - die Dienstleistungen der SCHUFA in Anspruch genommen werden. Entsprechend versteht der Verkehr die Wendung "schufafrei" oder "ohne schufa" als Kreditgewaehrung ohne die "ueblichen Hindernisse", die sich fuer Kreditinteressenten mit zweifelhafter Bonitaet bei serioesen Kreditinstituten auftun.

Gruende

I

Die Antragstellerin ist die fuehrende deutsche Kreditschutzorganisation, deren Dienstleistungen unter dem Schlagwort SCHUFA im Zusammenhang mit Bonitaetspruefungen allgemein bekannt sind. Der Antragsgegner bietet im Internet auf verschiedenen Webseiten Kredite an, deren Vergabe nicht von einer Auskunft der SCHUFA abhaengen soll. In diesem Zusammenhang bedient sich der Antragsgegner sowohl fuer Internetdomainnamen als auch fuer Metatags zusammengesetzter Begriffe, die unter Verwendung des Wortes SCHUFA gebildet sind.

Dieses Verhalten beanstandet die Antragstellerin unter Hinweis auf den Schutz ihrer bekannten Marke bzw. Geschaeftsbezeichnung als markenrechtsverletzend.

Das Landgericht hatte den Antragsgegner mit einstweiliger Verfuegung vom 03.02.2003 auf Antrag der Antragstellerin zunaechst umfassend zur Unterlassung verpflichtet. Auf den Teil-Widerspruch des Antragsgegners hat das Landgericht seine einstweilige Verfuegung mit Urteil vom 02.04.03 nur zum Teil aufrechterhalten, weitgehend jedoch unter Zurueckweisung des Verfuegungsantrags wieder aufgehoben, naemlich soweit dem Antragsgegner unter Androhung der ueblichen Ordnungsmittel zunaechst verboten worden war,

1. im geschaeftlichen Verkehr im Zusammenhang mit Finanzdienstleistungen die Internetdomainnamen
krediteschufafrei.de
barkredit-schufafrei.de
schufafreie-kredite.de
schufafreierkredit.de
sofortkredit-ohne-schufa.de
schufafreie-kredite-info.de
www-schufafreie-kredite.de
zu verwenden,

2. die Bezeichnung "SCHUFA" in Kombination mit weiteren Bestandteilen als sog. Metatags im Quelletext von Webseiten zu verwenden, auf denen Finanzdienstleistungen angeboten werden, inbesondere "Schufafreie", "schufafrei", schufafreie", "Barkredit ohne Schufa" und "Bargeld ohne Schufa".

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragstellerin, die ihren Verbotsantrag in diesem Umfang in zweiter Instanz streitig weiterverfolgt.

Wegen der tatsaechlichen Feststellungen im uebrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsaetze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulaessige Berufung ist unbegruendet. Das Landgericht hat den Verfuegungsantrag in dem noch anhaengigen Umfang zu Recht und mit zutreffender Begruendung zurueckgewiesen. Das Berufungsvorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergaenzenden Anmerkungen:

Die Antragstellerin vermag dem Antragsgegner die Verwendung der streitgegenstaendlichen Begriffe selbst dann nicht zu untersagen, wenn man davon ausgeht, dass zu Gunsten des Begriffs SCHUFA der erweiterte Schutz einer bekannten Marke bzw. Geschaeftsbezeichnung gem. § 14 Abs. 2 Nr. 3 bzw. § 15 Abs. 3 MarkenG streitet.

1. Der Senat vermag aus eigener Sachkunde zu beurteilen, dass es sich bei dem Begriff SCHUFA um eine bekannte Bezeichnung handelt. Dabei ist es nicht von relevanter Bedeutung, ob dem Verkehr gerade die Marke zur Kennzeichnung der von der Antragstellerin angebotenen Dienstleistungen bekannt ist oder ob dem Verkehr in erster Linie die das Unternehmen individualisierende Geschaeftsbezeichnung der Antragstellerin vertraut ist. Denn die Anspruchsvoraussetzungen aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 bzw. § 15 Abs. 3 MarkenG unterscheiden sich in den fuer die Entscheidung dieses Rechtsstreits massgeblichen Aspekten nicht. Im Ergebnis ist praktisch der gesamten deutschen Bevoelkerung der Begriff SCHUFA bekannt, denn fast jeder Volljaehrige hat ein Giro-Konto und musste bei dessen Eroeffnung die SCHUFA-Klausel (Anlage BF2) unterzeichnen. Da diese Klausel auch bei vielen sonstigen Geschaeftsvorgaengen AGB-maessig vereinbart wird, bei der es auf die Bonitaet des Kunden ankommt, wird nur ein verhaeltnismaessig geringer Prozentsatz der Bevoelkerung hiermit noch nicht in Beruehrung gekommen sein. Nach eigenen Angaben verfuegt die Antragstellerin ueber 299 Mio Einzeldaten von 57 Mio Personen. Vor diesem - plausiblen und nicht substanziiert bestrittenen - Hintergrund bedarf es keiner weiteren Darlegungen bzw. Glaubhaftmachung der Bekanntheit.

2. Der aus den genannten Vorschriften eroeffnete Bekanntheitsschutz besteht unabhaengig von einer Waren- oder Dienstleistungsaehnlichkeit. Deshalb sind die ueberlegungen des Antragsgegners dazu, ob sich die Bekanntheit des Begriffs SCHUFA gerade auch auf "Finanzdienstleistungen" (und nicht nur auf " Erteilung von Auskuenften ueber Kreditwuerdigkeit Dritter" oder " "Kreditrisikoabsicherung") erstreckt, ohne Relevanz. Geschaeftliche Aktivitaeten in den sich ueberschneidenden Dienstleistungsbereichen hat die Antragstellerin zwar nicht glaubhaft gemacht. Auch befand sich ihre am 23.02.1998 eingetragene Marke (Anlage ASt1 und ASt2) bei Schluss der muendlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mehr in der Benutzungsschonfrist des § 25 Abs. 2 MarkenG. Fuer den Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG entnimmt der Senat der "Davidoff/Durfée"-Entscheidung des EuGH (EuGH WRP 03, 370, 373 - Davidoff/Gofkid Durfée) die Aussage, dass die von dem BGH favorisierte wortlautuebergreifende Anwendung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG auch im Waren- und Dienstleistungsaehnlichkeitsbereich (BGH WRP 01, 694 ff - EVIAN/Revian) markenrechtsrichtlinien konform ist, ohne dass es eines Rueckgriffs auf § 1 UWG bedarf. Fuer § 15 Abs. 3 MarkenG kann im Ergebnis nichts anderes gelten, zumal die Auslegung dieser Norm durch keine Richtlinie gebunden ist. Deshalb kommt es auf die Frage einer Branchennaehe oder Dienstleistungsaehnlichkeit nicht an.

3. Soweit die sieben Internet-Domains nach Massgabe des Verfuegungsantrags zu 1. in Frage stehen, liegt entgegen der Auffassung der Antragstellerin aber ein kennzeichnender Gebrauch bei der Verwendung der Bezeichnung SCHUFA nicht vor.

a. Nach inzwischen gesicherter Rechtsprechung des EuGH und des BGH ist Voraussetzung auch des Verbotstatbestandes aus § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG, dass die Marke in der als verletzend beanstandeten Form zeichenmaessig, mithin herkunftshinweisend verwendet wird (EuGH WRP 1999, 407 - BMW/Deenik; EuGH WRP 2002, 664 - Hoelterhoff; EuGH WRP 2002, 1415 - Arsenal Football Club plc), die Verwendung also im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren eines Unternehmens von denen anderer dient (BGH WRP 2002, 982, 9832 - FRueHSTueCKSDRINK I; BGH WRP 2001, 41, 43 - Drei-Streifen-Kennzeichnung; BGH WRP 2001, 1315, 1318 - Marlboro Dach; BGH WRP 2002, 547, 549 - GERRI/KERRY SPRING; BGH WRP 2002, 987, 989 - Festspielhaus; BGH WRP 2002, 985, 987 - FRueHSTueCKS-DRINK II; BGH WRP 2003, 521, 523 - Abschlussstueck; BGH WRP 2003, 1353, 1354 - AntiVir/AntiVirus).

Mithin haengt also die Frage, ob Artikel 5 Absaetze 1 und 2 der Markenrechtsrichtlinie (entspricht § 14 Abs. 2 MarkenG) anwendbar sind, davon ab, ob die Marke zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens, also als Marke, benutzt wird oder ob die Benutzung zu anderen Zwecken erfolgt (Randnr.38 der "Deenik"-Entscheidung; Randnr. 16 der "Hoelterhoff"-Entscheidung und Randnr. 54 der Entscheidung "Arsenal Football Club plc."). Eine Benutzung zu anderen Zwecken liegt nach den Ausfuehrungen des EuGH in der "Hoelterhoff"-Entscheidung insbesondere dann vor, wenn der Dritte im Rahmen eines Verkaufsgespraechs mit einem potentiellen Kunden, der in dem einschlaegigen Sachgebiet fachkundig ist, auf die Marke Bezug nimmt, diese Bezugnahme ausschliesslich zu dem Zweck erfolgt, den potentiellen Kunden, der die Merkmale der Waren der betreffenden Marke kennt, ueber die Merkmale der angebotenen Ware zu informieren und die Bezugnahme von dem potentiellen Kunden nicht als Hinweis auf die Herkunft der Ware verstanden werden kann (siehe nochmals Randnr. 16 der "Hoelterhoff"-Entscheidung).

b. Bereits diese Voraussetzung des kennzeichnenden Gebrauchs fehlt vorliegend bzw. ist zumindest nicht hinreichend sicher feststellbar, obwohl die angegriffenen Internetdomains die geschuetzte Bezeichnung SCHUFA jeweils vollstaendig in einer Art und Weise enthalten, in dem die bekannte Kennzeichnung auch von dem Verkehr als solche erkannt wird.

aa. Die Antragstellerin geht schon von nicht in jeder Hinsicht zutreffenden Voraussetzungen aus, wenn sie meint, die Verwendung von Domain-Namen habe - von Ausnahmen abgesehen - in der Regel eine herkunftshinweisende bzw. unternehmenskennzeichnende Funktion und sei deshalb ein Namensgebrauch. Demgegenueber stellen Ingerl/Rohnke (MarkenG, § 14 Rdn. 65) zu Recht darauf ab, dass diese Frage (nur) nach Art und Inhalt des konkreten Domain-Namens und die dadurch hervorgerufene Verkehrsauffassung beurteilt werden kann. Der Antragstellerin ist darin zuzustimmen, dass Domainnamen im heutigen Wirtschaftsleben in den weit ueberwiegenden Faellen eine kennzeichnende Funktion zukommt, was sich u.a. auch darin ausdrueckt, dass Wirtschaftsunternehmen in der Regel unter ihre Firmenbezeichnung auch im Internet zu erreichen sind. Vor allem bei generischen Domain-Namen (z.B. mitwohnzentrale.de, suchmaschinen.de) ist eine solche Namensfunktion in der Regel aber nicht gegeben und auch nicht gewollt, denn der Domain-Inhaber will gerade ueber einen allgemeinen - in der Regel kennzeichenrechtlich nicht schutzfaehigen - Gattungsbegriff gefunden werden. Im uebrigen hat die Rechtsprechung seit der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung "1001buecher.de" des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts (MarkenR 01, 213 ff) nicht zuletzt durch die BGH-Entscheidung "mitwohnzentrale.de" (BGH GRUR 01, 1061 ff) auch im rechtstatsaechlichen Bereich des Rechts der Domainnamen noch weitere Ausdifferenzierungen erfahren.

bb. Die vorstehenden Erwaegungen gelten entsprechend auch im vorliegenden Fall, obwohl hier die Domain-Bezeichnungen eine bekannte Kennzeichnung enthalten und die Bezeichnung SCHUFA ohne Zweifel eine - neben anderen Aspekten - dem Internet-Interessenten eine gewisse Veranlassung bietet, sich mit dem hinter dieser Domainnamen liegenden Angebot naeher zu beschaeftigen. Diese Umstaende rechtfertigen jedoch kein Verbot, insbesondere sind sie nicht geeignet, i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG "die Unterscheidungskraft oder die Wertschaetzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise" auszunutzen oder zu beeintraechtigen.

Dabei kann es dahin stehen, ob die streitgegenstaendlichen Domainnamen dem Verkehr den Eindruck von Gattungsbezeichnungen vermitteln. Aus der massgeblichen Sicht der angesprochenen Verkehrskreise spricht zumindest keine ueberwiegende Wahrscheinlichkeit dafuer, dass hinter solchen Bezeichnungen stets nur ein bestimmtes Unternehmen steht, so dass bereits der Domain-Name seine Funktion als Herkunftshinweis nicht erfuellt. Vielmehr legen Bezeichnungen wie die von der Antragstellerin angegriffenen Domainnamen dem Verkehr die Annahme nahe, sie stuenden z.B. fuer sog. Internet-Portale bzw. ein Suchangebot, ueber die sich der Zugang zu bestimmten Kategorien von Leistungen eroeffnet. Fuer den Internet-Nutzer, der die Dienste des Antragsgegners noch nicht kennt, liegt die Vermutung nahe, ueber die genannten Internet-Domains koenne er sich z.B. eine uebersicht ueber "schufafreie" Kreditangebote unterschiedlicher Anbieter erschliessen bzw. von dort auf die homepages solcher Anbieter verzweigen. Er hat keine hinreichende Veranlassung zu der Annahme, dass sich ihm unter dieser Domain-Bezeichnung (nur) das Angebot eines bestimmten Anbieters praesentiert. Denn die in den angegriffenen Internetdomainnamen verwendeten Bezeichnungen stehen - ebenso wie etwa der Begriff "Hausfrauenkredit" - fuer eine bestimmte Art bzw. Gattung von Krediten, die von verschiedenen Dienstleistern angeboten werden. Deshalb versteht der Verkehr derartige Domain-Namen in der Regel auch nicht Kennzeichnung des Leistungsangebots eines konkreten Unternehmens. Dieses Verstaendnis wird dadurch unterstuetzt, dass sich der Begriff SCHUFA in der Wahrnehmung der relevanten Verkehrskreise heute in erheblichem Umfang von einer Assoziation mit einem konkreten Unternehmen (der Antragstellerin) geloest hat und statt dessen in der Art einer Sachbeschreibung eines konkreten Verfahrens der Kreditgewaehrung verstanden wird (hierzu s.u.) Damit fehlt es fuer die Gesamtbezeichnung bereits an einem kennzeichnenden Gebrauch der Bezeichnung SCHUFA im Zusammenhang mit den angegriffenen Wortkombinationen. Diese Feststellungen vermag der Senat aufgrund der eigenen Sachkunde seiner Mitglieder zu treffen.

4. Selbst wenn man - entgegen den vorstehenden Ausfuehrungen - einen kennzeichnenden Gebrauch der angegriffenen Domainbezeichnungen fuer gegeben erachten wollte, laege gleichwohl ein Verstoss gegen §§ 14 Abs. 2 Nr. 3, 15 Abs. 3 MarkenG nicht vor. Denn der Antragsgegner benutzt in diesem Fall i.S.v. § 23 Nr. 2 MarkenG "ein mit der Marke oder der geschaeftlichen Bezeichnung identisches Zeichen oder ein aehnliches Zeichen als Angabe ueber Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen, wie insbesondere ihre Art, ihre Beschaffenheit, ihre Bestimmung, ihren Wert, ihre geographische Herkunft oder die Zeit ihrer Herstellung oder ihrer Erbringung" berechtigterweise, ohne dass die Antragstellerin befugt ist, ihm diese Verwendung zu untersagen.

a. Der Antragsgegner verwendet den Begriff SCHUFA in den angegriffenen Domainbezeichnungen im Ergebnis produktbeschreibend, naemlich zur Bezeichnung einer bestimmten Art von Krediten im Sinne einer "Negativabgrenzung" zu den Darlehensgeschaeften, bei denen - wie dies die Regel ist - die Dienstleistungen der Antragstellerin in Anspruch genommen werden. Damit bedient sich der Antragsgegner nur eines Sprachgebrauchs, der sich in Deutschland - im Widerspruch zu der tatsaechlichen Rechtslage - bei der Verwendung der Marke bzw. Unternehmenskennzeichnung der Antragstellerin "eingebuergert" hat. Gerade weil eine (einwandfreie) SCHUFA-Auskunft in Deutschland zu einem quasi-offiziellen "Testat" im Zuge der Einholung von Bonitaetsinformationen geworden ist und niemand im serioesen Wirtschaftsleben an ihr vorbeikommt, beschreibt der Begriff SCHUFA in der Wahrnehmung weiter Teile der angesprochenen Verkehrskreise im Ergebnis ein Unbedenklichkeitskriterium fuer die Kreditvergabe. Er kennzeichnet den hoechsten Schutzstandard bei der Bonitaetspruefung. Entsprechend versteht der Verkehr die Wendung "schufafrei" oder "ohne schufa" als Kreditgewaehrung ohne die "ueblichen Hindernisse", die sich fuer Kreditinteressenten mit zweifelhafter Bonitaet bei serioesen Kreditinstituten auftun. Der Verkehr weiss dabei in der Regel auch, dass die erhoehte Risikolage bei der Gewaehrung eines "schufafreien" Kredits in der Regel mit zusaetzlichen Nachteilen finanzieller oder sonstiger Art auszugleichen ist. Eine Bezugnahme auf die Antragstellerin als Unternehmen bzw. auf ihre Marke ist damit zwar (reflexhaft) verbunden, aber jedenfalls nicht in ihrer kennzeichnenden Funktion, sondern als Schlagwort zur Beschreibung einer bestimmten Gattung von Dienstleistungen beabsichtigt. In dieselbe Richtung geht auch die "Hoelterhoff"-Entscheidung des EuGH (EuGH WRP 02, 664, 666 - Hoelterhoff). Dort ging es zwar - anders als hier - (1) um "ein Verkaufsgespraech mit einem … Fachmann". Gleichermassen wird aber auch (2) die "Bezugnahme auf die Marke … nicht als Hinweis auf die Marke" verstanden werden koennen, denn es geht gerade um das Gegenteil. Schliesslich erfolgt die Bezugnahme ausschliesslich, um (3) "ueber die Merkmale der Ware zu informieren, die dem potenziellen Kunden, der die Merkmale der Waren der betreffenden Marke kennt, zum Kauf angeboten wird." Dieses Ergebnis entspricht im uebrigen dem in der Rechtsprechung des BGH seit langem anerkannten Erfahrungssatz, dass auch eine nach Art einer Marke verwendete Bezeichnung, die entweder eine reine Gattungsbezeichnung darstellt oder jedenfalls nach allgemeinem Sprachverstaendnis beschreibenden Charakter hat, vom Verkehr in der Regel nur als Sachhinweis zur Unterrichtung des Publikums und nicht als Herstellerhinweis verstanden wird (vgl. nur: BGHZ 139, 59, 65 "Flaeminger" m.w.N. und siehe weiter die Nachweise bei BGH WRP 2003, 1353, 1354 "AntiVir/AntiVirus"). Vorliegend geht es zwar nicht um eine direkte, sondern um eine (negativ) abgrenzende Bezugnahme. Rechtlich relevanten Unterschiede sind fuer den Senat insoweit aber jedenfalls dann nicht erkennbar, wenn die Marke dabei nicht negativ bemakelt wird. So liegt der vorliegende Fall aber selbst dann nicht, wenn die potenziellen Kunden des Antragsgegners eine SCHUFA-Auskunft besonders fuerchten.

b. In der vorliegenden Sachverhaltskonstellation ist der Antragsgegner auf die Verwendung des geschuetzten Begriffs auch angewiesen, so dass schon aus diesem Grund die Nutzung nicht gegen die "guten Sitten" i.S.v. § 23 MarkenG verstoesst. Der Antragsgegner hat ueberzeugend dargelegt, dass er nicht auf auf Begriffe wie "ohne Bonitaetsauskunft" bzw. "ohne Kreditauskunft" ausweichen kann, denn auch er holt - was auch naheliegend ist - solche Auskuenfte ein. Diese folgen nur nicht dem strikten SCHUFA-Kurs. Und eben hiermit will - und darf - sich der Antragsgegner von der Antragstellerin abheben. Deshalb sind auch die von der Antragstellerin genannten Beispiele "kredit-ohne-fremdauskunft" bzw. "kredit-ohne-auskunftei" ungeeignet, das Spezifische der Dienstleistung des Antragsgegners zu beschreiben. Es mag sein, dass die von der Antragstellerin gebildeten Domain-Beispiele "www.puenktlich-ankommen-ohne-deutsche-bahn.de" oder "www.durstloeschen-ohne-coca-cola.de" unzulaessig sind. Der Unterschied liegt allerdings darin, dass hier die Unternehmensbezeichnungen ohne Nachteil auch fortgelassen werden koennen ("Cola" statt "Coca Cola" bzw. "Bahn" statt "Deutsche Bahn"), waehrend gerade dies bei SCHUFA - wegen der besonderen beschreibenden Bedeutung - praktisch nicht moeglich ist. Auch in der "BMW/Deenik"-Entscheidung des EuGH war ein Kfz-Haendler auf die Verwendung des Begriffs "BMW" zur Kennzeichnung seines Dienstleistungsangebots angewiesen, obwohl er gerade keine BMW-Fachwerkstatt war. Mit dieser Entscheidung hat der EuGH letztlich anerkannt, dass es in bestimmten Faellen praktisch unmoeglich ist, seine Kunden auf eine Spezialisierung hinzuweisen, ohne eine bestimmte Marke zu benutzen (EuGH GRUR Int. 99, 438, 442 - BMW/Deenik). Diese Grundsaetze sind nach Auffassung des Senats auf den vorliegenden Fall entsprechend zu uebertragen. Zwar geht es hier nicht um eine bezugnehmende, sondern um eine abgrenzende Erwaehnung. Im Ergebnis werden aber zumindest bei "Quasi-Gattungsbegriffen" - und um einen solchen handelt es sich bei SCHUFA in der Wahrnehmung weiter Teile des Verkehrs - keine anderen Grundsaetze gelten koennen, wenn man nicht zu Wertungswiderspruechen kommen will.

c. Diese Grundsaetze im Zusammenhang mit § 23 Nr. 2 MarkenG gelten auch fuer eine Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen als Domainnamen. Da diesen aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise eine kennzeichnende Funktion nicht notwendigerweise immanent ist und die beanstandeten Bezeichnungen zudem in ihrer konkreten Ausgestaltung - wie dargelegt - als beschreibende Verwendung verstanden werden, vermag der Senat entgegen der Auffassung der Antragstellerin selbst in dieser konkreten Benutzung keinen Sittenverstoss i.S.v. § 23 MarkenG zu erkennen. Dabei ist der Antragstellerin zwar darin zuzustimmen, dass der Antragsgegner darauf verzichten koennte, die Bezeichnung SCHUFA in seinen Domainnamen zu verwenden. Andererseits ist fuer den Senat nicht ersichtlich, dass mit der Verwendung dieses Begriffs gerade im Zusammenhang mit Domainnamen eine besondere Beeintraechtigung der Antragstellerin einhergeht, auf Grund derer sich der Antragsgegner - bei einer grundsaetzlichen Zulaessigkeit im Rahmen von § 23 Nr. 2 MarkenG - eine solchen Nutzung enthalten muesste. Hierbei ist vor allem zu beruecksichtigen, dass die Verwendung im Domainnamen aufgrund der Besonderheiten der hier gegebenen Sachlage durch das Interesse gedeckt ist, ueber Suchmaschinen mit dem produktbeschreibenden Leistungsangebot sicher aufgefunden zu werden. Deswegen erscheint es dem Senat auch nicht als besonders bedenklich, dass sich der Antragsgegner eine Vielzahl von Wortkombinationen mit SCHUFA als Domainnamen hat registrieren lassen.

5. Fuer die Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen im Quelltext von Websites als Metatags gilt im Ergebnis keine andere Rechtslage. Wenn der Antragsgegner seine Dienste auf den Internet-homepages anbieten kann, muss es ihm auch moeglich sein, ueber Metatags hierfuer werben zu koennen und dabei solche Begriffe als Hinweis auf seine Dienstleistungen zu nutzen, deren Verwendung ihm - wie dargelegt - ohne Verstoss gegen markenrechtliche Grundsaetze gestattet ist. Dieses Beduerfnis besteht jedenfalls aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls, ohne dass der Senat darueber zu befinden hat, ob die Verwendung von ueber § 23 MarkenG gestatteten Bezeichnungen generell in Metatags zulaessig ist. Dafuer, dass sich die konkrete Verwendung dieser Metatags aus sonstigen Gruenden z.B. unter dem Gesichtspunkt der Irrefuehrung aus § 3 UWG als rechtswidrig darstellen koennte - etwa weil die Suchmaschinen bei der Anzeige den rechtfertigenden Kontext zwischen dem Begriff SCHUFA und den sonstigen Angaben ("Barkredit ohne…) in einer Weise nicht beachten bzw. loesen, die zu weiteren Fehlvorstellungen Anlass gibt - hat die Antragstellerin keine hinreichenden Tatsachen vorgetragen.

6. Eine Verwaesserungsgefahr, Beeintraechtigung der Wertschaetzung oder Rufausbeutung der Bezeichnung SCHUFA i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist mit der angegriffenen Verwendung aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls aus den genannten Gruenden nicht verbunden. Insbesondere nutzt der Antragsgegner nicht die Unterscheidungskraft der Marke SCHUFA aus, sondern bedient sich des Begriffs lediglich in seiner beschreibenden Funktion, die ihm im Laufe der Zeit zugekommen ist. Durch die bezugnehmende Verwendung wird die Marke auch nicht verwaessert, weil der Antragsgegner sie ebenfalls in dem konkreten Umfeld verwendet, in welches sie gehoert und in dem sie sich auch selbst praesentiert, naemlich als Voraussetzung fuer eine Kreditgewaehrung. Einer Rufausbeutung steht schon die offensichtliche Absicht des Antragsgegners entgegen, sich negativ gegenueber der Antragstellerin abzugrenzen. Zwar steht dieses Bestreben einer Rufausbeutung nicht grundsaetzlich entgegen. So liegt der Fall hier aber nicht. Denn der Antragsgegner kann sein - zulaessiges - Kreditgeschaeft letztlich nicht sinnvoll ausueben, ohne auf die Bezeichnung der Antragstellerin Bezug zu nehmen. Und er kann auch nicht hinreichend auf sich aufmerksam machen, ohne diese Besonderheit werbend herauszustellen. Denn im Regelfall erwartet der Verkehr bei jeder (serioesen) Kreditvergabe eine SCHUFA-Auskunft, so dass gerade hier die Besonderheit des Antragsgegners liegt.

7. Andere rechtliche Grundsaetze moegen zwar gelten, soweit der Antragsgegner die Bezeichnung "krediteschufafrei.de Finanzdienstleistungen" im Impressum einer seiner homepages zweifelsfrei als Firmenbezeichnung kennzeichnend verwendet. Diese Art der Verwendung ist hingegen von den in zweiter Instanz noch streitgegenstaendlichen Antraegen nicht umfasst und stellt deshalb keinen relevanten Verstoss dar.

8. Auch auf § 14 Abs. 2 Nr. 2 bzw. § 15 Abs. 2 MarkenG kann die Antragstellerin ihr Begehren nicht stuetzen. Denn im Hinblick auf die teilweise Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfuegung durch das landgerichtliche Urteil stellen sich in zweiter Instanz ernsthafte Probleme der Verwechslungsgefahr nicht (mehr). Soweit die von dem Antragsgegner verwendeten Bezeichnungen noch streitgegenstaendlich sind, erscheint es ausgeschlossen, dass massgebliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise einer Fehlzuordnung erliegen koennten. Insbesondere aufgrund der Formulierung "schufafrei" oder "ohne schufa" ist auch die Annahme geschaeftlicher Verbindungen fernliegend. Vielmehr erkennt der Verkehr, dass sich der Antragsgegner mit seinem Angebot gerade ausdruecklich gegenueber der Antragstellerin abgrenzen und sich in einen Gegensatz zu deren Leistungen setzen will.

9. Schliesslich ergibt sich auch keine abweichene Beurteilung im Rahmen von § 1 UWG. Im Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Nr. 3 UWG kommt dieser Vorschrift keine eigenstaendige Bedeutung zu, sie tritt hinter der spezialgesetzlichen Regelung zurueck. Tragfaehige Anhaltspunkte fuer die Verwirklichung weitergehender Tatbestandsmerkmale vermag der Senat nicht zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

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Dieses Dokument wurde zuletzt ktulirt m 22.07.04
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