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04. November 2003

Wer "hh" benutzt, soll zahlen

Patentrecht: Hamburger Internet- Betreiber sollen fuer Benutzung von Hansestadt-Kuerzel zahlen. Die Betroffenen klagen.

Von Ralf Nehmzow

Die Post hatte es in sich: Der Nuernberger Rechtsanwalt Wolfgang Pasch versandte bundesweit rund 6000-mal gleich lautende Abmahnbriefe - an diejenigen, die eine Internet-Homepage haben, in deren Adressen Kuerzel von Kfz-Zeichen enthalten sind (etwa "hh" fuer Hamburg). Sie sollten 1114,50 Euro zahlen, Schadenersatz und Anwaltsgebuehren. Wer nicht zahle, muesse mit einer Klage rechnen, hiess es darin.

Die Begruendung: Sein Mandant - der Geschaeftsmann Michael Hermann aus Biberach, - habe ein europaeisches Patent auf die Verwendung dieser Kuerzel. Allein in Hamburg erhielten nach Schaetzungen bisher Hunderte Firmen und Privatleute solche Briefe.

Einige wehren sich nun gerichtlich gegen die Massenabmahnungen, es gibt zudem ein "Selbsthilfeforum". "Wir haben beim Landgericht eine Klage eingereicht", bestaetigte Rechtsanwalt Nikolai Klute (39) dem Abendblatt. Er vertritt einen Hamburger, der auf seiner privaten Homepage-Adresse "hh" verwendet und dafuer zahlen sollte.

Auch die Geschaeftsfrau Sibylle Seeberger (49) aus dem Hanse-Viertel bekam von Pasch Abmahnpost. "Zuerst habe ich mich sehr erschrocken. Dann habe ich gedacht, das kann doch nicht wahr sein. Ich werde nicht bezahlen." Sie hat im Internet eine Homepage fuer ihr Geschaeft (www.lamoda.hh.de).

Die Handelskammer warnt unterdessen vor den Abmahnbriefen. "Besonders fuer die kleinen Firmen und fuer viele Privatleute bedeuten die Abmahnbriefe einen riesigen Schrecken", weiss Jochen Halfmann (38) von der Handelskammer. Mehr als 40 Hamburger liessen sich bisher bei ihm beraten. "Wir raten dringend, nicht zu bezahlen."

Rechtsexperten zweifeln das umstrittene Patent von Michael Hermann massiv an. "Ich halte es fuer nicht korrekt, weil es unter anderem zu unbestimmt ist. Es wird keinen Bestand haben", prognostiziert etwa Rechtsanwalt Klute, fuer Privatleute ergebe sich dies bereits eindeutig aus dem Patentgesetz. Anwalt Pasch habe sich mit den Briefen "sehr weit aus dem Fenster gelehnt".

Rechtsanwaltskollege Kai Kaehler (57), der mehr als ein Dutzend betroffene Hamburger vertritt, will das Patent von Hermann mit einer "Nichtigkeitsklage" beim Bundespatentgericht kippen: Das Hermann-Patent verstosse gegen Grundsaetze des Europaeischen Patentrechts, jedenfalls koenne man daraus keinen Anspruch auf den Schutz von Domain-Namen ableiten, so Kaehler. Der Patentschutzrechtsexperte weiter: "Die Abmahnung und die Gesamtumstaende sind hier in hoechstem Masse unserioes."

Anwalt Pasch hat sich inzwischen in einem zweiten Brief bei Sibylle Seeberger und anderen Betroffenen entschuldigt - er legte das Mandat Hermann inzwischen nieder.

Hermann hingegen will dem Vernehmen nach an seinem umstrittenen Patent festhalten. Zwei neue Anwaltskanzleien soll er schon gewonnen haben fuer seine Sache. Er sei "kein Abzocker und kein Betrueger", meint er. Inzwischen gingen bundesweit Hunderte von Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft gegen Hermann ein - und das Abmahn-Konto von Pasch wurde gesperrt.

Erschienen am 4. Nov 2003 in Hamburg

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 05.03.04
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