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Deutsche Richter zu Meinungsaeusserung
Aus dem Gerichtssaal *

 eine nicht seltene Meinung bzw. Begruendung... 

 ...und so entscheiden deutsche Gerichte darueber: 

1.
Es handelte sich um keine Schmaehkritik, sondern um eine Meinungsaeusserung.

"Die aeusserungen sind nicht mehr vom Schutzbereich des Artikel 5 Abs.1 Satz 2 GG gedeckt anzusehen, da hier nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person des Klaegers im Vordergrund steht."

Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 25.01.2002, 230 C 150/01
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2.
Im Usenet kann kraeftig ausgeteilt werden. Wie am Stammtisch.

"Der Annahme, es handele sich bei den chatrooms um virtuelle Stammtische, bei denen auch mal kraeftig ausgeteilt werden duerfe, kann nicht gefolgt werden. Die Messlatte fuer die Streitkultur am privaten Stammtisch darf nicht dieselbe sein, die bei einem quasi an der oeffentlichkeit ausgetragenen - weil jedermann zugaenglich - im Internet eingestellten Text anzulegen ist. Das privat gesprochene, moeglicherweise durch eine Gefuehlsaufwallung zustande gekommene Wort, ist anders zu beurteilen, als ein bewusst zum Zwecke der Veroeffentlichung im Internet verfasster Text. Technische Moeglichkeiten zum Verbreiten von Meinungen in Textform sind kein Freischein fuer die Senkung des Niveaus der Streitkultur auf eine die Person herabsetzende Ebene."

Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 25.01.2002, 230 C 150/01

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3.
Es handelt sich um eine wesenlose Person, die mit menschlicher Kommunikation nicht mehr zu erreichen ist.

"Die Verletzung des Achtungsanspruchs liegt in der Darstellung des Klaegers als einer wesenlosen Person, die mit menschlicher Kommunikation nicht mehr zu erreichen ist, sondern der nur noch mit koerperlicher Gewalt begegnet werden kann. Die Formulierung [...] sowie der Passus [...] beschreiben eine Person, die es kaum noch verdient, als menschliches Wesen behandelt zu werden, dem trotz aller Meinungsverschiedenheiten noch ein Mindestmass an Achtung entgegengebracht werden kann. Derartige Achtungsverletzende aeusserungen beschaedigen auch den Ruf des namentlich genannten Klaegers in unzulaessiger Weise und verletzen somit auch seine "aeussere" Ehre."

Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 25.01.2002, 230 C 150/01
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4.
Ich darf doch jedermann beim Namen nennen.

"Die Nennung und Darstellung einer Person in einer Druckschrift und die dann damit erfolgte Mitteilung von Umstaenden ueber sie an die oeffentlichkeit ist ohne ihre Einwilligung grundsaetzlich eine widerrechtliche Verletzung ihres durch GG Art 2 geschuetzten Persoenlichkeitsrechtes. Dieses jedermann schuetzende Recht beinhaltet auch, in gewaehlter Anonymitaet zu bleiben und die eigene Person nicht in der oeffentlichkeit dargestellt zu sehen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der mitzuteilende Umstand den Tatsachen entspricht."

LG Berlin – Urteil vom 24.02.2005 – 27 O 994/04
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5.
Warum darf ich "rathaus-stadtename" nicht verwenden?
Der Durchschnittsbuerger erwartet doch nicht hinter  "www.krieg.de" unbedingt Kriegsfreunde oder hinter "www.kgb.de" eine Site des deutschen KGB-Residenten.

"Da der Durchschnittsbuerger den Begriff "Rathaus" mit dem offiziellen Verwaltungs- und Repraesentationsgebaeude der Stadt verbindet, erwartet er auch unter diesen Domain-Namen eine offizielle Seite der Stadt mit entsprechenden Informationen und Angeboten zu finden."
Der Beklagte hatte eine Vielzahl von Domains nach dem Muster "rathaus-staedtename" registriert und wollte fuer ein Verfahren ueber die Klage der Stadt Oberhausen Prozesskostenhilfe.

Das LG wies den Antrag mangels Erfolgsaussicht ab. Da der Durchschnittsbuerger den Begriff „Rathaus" mit dem offiziellen Verwaltungs- und Repraesentationsgebaeude der Stadt verbindet, erwartet er auch unter dem Domain Namen „rathaus-oberhausen.de eine offizielle Seite der Stadt Oberhausen mit entsprechenden Informationen und Angeboten zu finden.

LG Duisburg, Urteil 10 O 79/04 vom 27.05.2004,
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6.
Wir denken, auch dies ist juristisch unsauber und bestaetigt, dass der RA fachlich ueberfordert ist...
Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erlass eines Strafbefehls wegen
"Sie haben am 30.09.2003 auf der Internetseite hinsichtlich des Rechtsanwaltes, mit dessen Mandanten Sie einen Rechtsstreit vor dem Landgericht fuehren. in ehrverletzender Weise geaeussert: "Wir denken, auch dies ist juristisch unsauber und bestaetigt, dass der RA fachlich ueberfordert ist.." wird abgewiesen. Die Kosten traegt die Staatskasse.

Diese aeusserung erfuellt nicht den Beleidigungstatbestand, denn sie ist zur Herabwuerdigung eines Anwalts, zumal dann, wenn er den Gegner des aeussernden in einem Rechtsstreit vertritt, nicht geeignet, Es handelt sich um eine etwas unsachliche, kritische, nicht aber um eine beleidigende aeusserung. Es reicht insoweit nicht, dass der Rechtsanwalt ganz offensichtlich sehr empfindlich ist und sich "massiv verunglimpft" fuehlt.

Amtsgericht Hamburg, 26.07.2004, 141a CS 2314 Js 945/03 (302/04)
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7.
"Wissen sie was, sie koennen mich mal . . . "
Wer sich nach einem "Knoellchen" gegenueber einem Gemeindevollzugsbeamten zu der Bemerkung hinreissen laesst: "Wissen sie was, sie koennen mich mal . . . ", muss nicht unbedingt mit ernsthaften juristischen Folgen rechnen.
Der hier geaeusserte und nicht beendete Satz, muesse nicht unbedingt mit dem "Goetz-Zitat" enden. Vielmehr gebe es im allgemeinen Sprachgebrauch es auch andere Moeglichkeiten, wie etwa "Sie koennen mich mal gern haben". Das aber sei eine Umschreibung dafuer, die leidige Diskussion beenden zu wollen. Die Richter nannten als weitere Beispiele den Sinnzusammenhang "Lass mich in Ruhe!" oder "Ohne mich! Da mach ich nicht mit!". Solange also der beleidigende Charakter nicht abschliessend geklaert ist, sei eine Verurteilung nicht haltbar

OLG Karlsruhe Az.: 1 Ss 46/04
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8.
"...durchgeknallt"
"Zeit"-Herausgeber und Ex-Kultur-Minister Michael Naumann hat 9.000 € zu zahlen wegen seines Affronts, Generalstaatsanwalt Hansjuergen Karge sei "durchgeknallt". Das als Gast einer Live-Sendung (n-tv) vor einem Millionenpublikum.

Das Berliner Kammergericht (4. Strafsenat) bestaetigte mit Beschluss vom 3. September 2004 das Urteil des Amtsgerichts ohne erneute oeffentliche Verhandlung und verwarf die Revision des frueheren Kulturstaatsministers Dr. Michael Naumann als "offensichtlich unbegruendet".
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9.
Wueste Beschimpfungen mit ausgestreckten Mittelfinger
Auch ausserhalb der Arbeitszeit riskieren Arbeitnehmer die fristlose Kuendigung, wenn sie ihre Vorgesetzten beleidigen. Das Gericht bestaetigte die Kuendigung eines Schweissers, der seinen Vorgesetzten bei einer Betriebsfeier wuest beschimpft und ihm den ausgestreckten Mittelfinger gezeigt hatte.

Landesarbeitsgericht Hamm Az.: 18 Sa 836/04.
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10.
"Wegelagerer" keine Beleidigung fuer Polizisten.
Ein Autofahrer, der einen Polizisten bei einer Verkehrskontrolle als "Wegelagerer" bezeichnet hat, ist vom Bayerischen Obersten Landesgericht vom Vorwurf der strafbaren Beleidigung freigesprochen worden. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dieser Begriff sei in der konkreten Situation vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt gewesen.

Bayerisches Oberlandesgericht Az.: 1 St RR 153/04.
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11.
"Gen-Milch"
Greenpeace darf die Milch des Konzerns Mueller als "Gen-Milch" bezeichnen. Dies ist keine Tatsachenbehauptung, sondern eine Meinungsaeusserung, die zugelassen ist. Nach Angaben der Umweltschutzorganisation laesst Mueller genmanipulierte Pflanzen an Kuehe verfuettern.

Oberlandesgericht Koeln Az.: 15U57/05.
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12.
Arzt darf als "Scharlatan" oder "Pfuscher" bezeichnet werden
Die Bezeichnung eines Arztes als "Scharlatan" und "Pfuscher" in einer Fernsehsendung, ist von der Meinungsfreiheit des Art. 5 gedeckt.
Bei Auseinandersetzungen ueber Fragen, die wesentliche oeffentlichkeitsbelange beruehren, tritt das Recht auf Meinungsfreiheit erst dann zurueck, wenn die aeusserung ein Angriff auf die Menschenwuerde, eine Beleidigung oder eine Schmaehkritik ist.

OLG Karlsruhe Az.:  6 U 205/01, 2002-07-24
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13.
Flunkerfuerst, Schlitzohr
Die Bezeichnung eines Fuersten als Schlitzohr oder der nicht ganz ernst gemeinte Hinweis, dass die Domain "Flunkerfuerst.de" fuer den Prozessgegner noch zu haben sei ist verboten, denn die Bezeichnungen "Flunkerfuerst" und "Schlitzohr" verletzten den Prozessgegner in erheblichem Masse in seiner persoenlichen Ehre.
Landgericht Hamburg, Az.:  324 O 819/03, verkuendet am 30.07.2004
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14.
Rechtsanwalt darf nicht als arglistiger Taeuscher, dummer uneinsichtiger Toelpel, Luegner, Prozessbetrueger bezeichnet werden.
Die Bezeichnung eines Anwalts als  "arglistiger Taeuscher", "dummen uneinsichtiger Toelpel", "Luegner", "Prozessbetrueger" etc. sind vom Recht der Meinungsfreiheit Art. 5 1 GG nicht gedeckt. Es handelt sich vielmehr um eine unzulaessige Meinungsaeusserung.
Auch stellen die Bezeichnungen keine negativen Werturteile dar, die grundsaetzlich erlaubt sind.
Sachverhalt: Streit mit dem eigenen Anwalt ueber die Hoehe der Rechtsanwaltsgebuehren.
OLG Saarbruecken
, Az.:  1 U 501/01-121 v.  04.12.2002
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15.
Polizist darf nicht als "Clown" bezeichnet werden.
Wer einen uniformierten Schutzpolizisten, der eine Fahrausweiskontrolle begleitet, als „Clown“ bezeichnet, muss mit einer Verurteilung wegen Beleidigung rechnen. Das zeigt ein Urteil des Kammergerichts Berlin.
Ein Kommissar und ein Fahrkartenkontrolleur in der Berliner U-Bahn kontrollierten gemeinsam Fahrausweise. Ein Reisender fuehlte sich durch die ueberpruefung schikaniert und forderte den uniformierten Schutzpolizisten auf, ihm erst einmal seinen Dienstausweis zu zeigen. Als der Kommissar dem nicht sofort nachkam, erklaerte der Fahrgast: „Da kann ja jeder Clown kommen! Ich moechte ihren Dienstausweis sehen!" Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte den vorlauten Fahrgast wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe, und das Kammergericht Berlin bestaetigte diese Entscheidung im Revisionsverfahren
.
Ein Clown sei nach dem ueblichen Sprachgebrauch „ein Spassmacher und Hanswurst“, also ein „dummer, sich laecherlich machender Mensch“, so die Richter. Indem der Fahrgast den Polizisten so bezeichnete, habe er seine Missachtung kundgetan und ihn der Laecherlichkeit preisgegeben.  Er habe dem Kommissar die ihm zukommende  - noch dazu durch die Uniform verkoerperte -  soziale Achtung  als Polizeibeamter abgesprochen.
Der Fahrgast, so das Gericht weiter, habe nicht wirklich daran gezweifelt, dass es sich bei dem Uniformierten um einen echten Polizisten handelte. Er habe sich durch sein Verhalten vielmehr fuer die als Schikane empfundene Fahrausweiskontrolle revanchieren wollen. In der aeusserung sei daher eine auf Diffamierung der Person gerichtete Schmaehkritik zu sehen, und die Verurteilung wegen Beleidigung sei zu Recht erfolgt.
Urteil Kammergericht Berlin v. 12.8.2005, Az.: (4) 1 Ss 93/04 (91/04).
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16.
Als "daemlich" und "bescheuert" darf man auch in einer Satire nicht bezeichnet werden.
Auch im Internet erlauben Meinungs- und Kunstfreiheit keine massiven Verletzungen der Persoenlichkeitsrechte eines anderen. So braucht man es nicht hinzunehmen, in einem Internetartikel als „daemlich“ und „bescheuert“ bezeichnet zu werden.

Das entschied das Landgericht Coburg und untersagte einem Herausgeber eines im Internet abrufbaren Magazins Veroeffentlichungen mit entsprechendem Inhalt. Dass die aeusserungen in eine frei erfundene Geschichte mit dem Beleidigten als einer der handelnden Personen verpackt waren, liess das Gericht dabei nicht als Rechtfertigung gelten. Das Recht auf Kunst muesse hier hinter den Anspruch auf Achtung der Persoenlichkeit zuruecktreten.
Urteil LG Coburg v. 20.11.2002, Az: 21 O 595/02
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17.
Anwalt darf als "Arschloch" im Forum bezeichnet werden.
Die Richter des Landgerichts Koeln waren der Meinung, einen Prozessgegner in einem Internetforum als ”Arschloch“ zu bezeichnen, sei keine Beleidigung, sondern eine ”pointierte aeusserung“ des Missfallens, gegen die kein Unterlassungsanspruch gegeben sei. Ein solcher Anspruch wuerde voraussetzen, dass eine Wiederholungsgefahr bestehe. Die ehrverletzenden aeusserungen seien jedoch nur ein einziges Mal aus einem konkreten Anlass getaetigt worden. Dies begruende nicht die Gefahr einer Wiederholung, so das Gericht.
Landgericht Koeln Beschluss vom 19.12.2001, Az: 28 T 8/01
18.
„verdammtes Arschloch” erlaubt.
Eine in Muenster und ueber Muenster hinaus recht bekannte Lehrkraft fand sich in einem Kriminalroman mit Lokalkolorit diskreditiert: Als unsympathischer Grabscher mit zahlreichen Affaeren sowohl mit Studentinnen als auch Assistentinnen, seine aktuelle Assistentin gleich eingeschlossen. Dass er ein „verdammtes Arschloch”, ruecksichtslos und hassenswert ist, erfuhr seine Umwelt auch.
Nach einem neuen Urteil des Landgerichts Muenster stehen dem Opfer jedoch keine Ansprueche zu.
Das Landgericht Muenster bezweifelt bereits, ob ueberhaupt Persoenlichkeitsrechte des Klaegers verletzt wurden. Begruendung:
Einige Tatsachen treffen auf den Klaeger offenkundig nicht zu. So ist der Klaeger, wie das Gericht ausfuehrt,
- noch kein Professor fuer Sprachwissenschaft am Philologischen Fachbereich der Westfaelischen Wilhelms-Universitaet, ansaessig zwischen Aegidimarkt und Petrikirche in der Johannisstrasse in Muenster,
- sondern erst Privatdozent fuer Germanistische Sprachwissenschaft am Institut fuer Deutsche Philologie der Westfaelischen Wilhelms-Universitaet, das sich zwischen Aegidimarkt und Petrikirche in der Johannisstrasse in Muenster befindet.
Jedenfalls aber geht nach Ansicht des Landgerichts Muenster die Kunstfreiheit vor, zumal „selbst den Lesern, die mit den muensteraner oertlichkeiten vertraut sind, nicht pauschal unterstellt werden kann, dass sie nicht in der Lage waeren, zwischen der Anknuepfung an reale Gegebenheiten einerseits und einer fiktiven Erzaehlung und Beschreibung andererseits zu unterscheiden”.
Dieses Urteil, das auch den Mephisto-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts einbezieht, ist im neuesten Heft der Fachzeitschrift ZUM-RD, 6/2003, veroeffentlicht.
Landgerichts Muenster  Az.: 12 0 601/02.

* Sollte jemand zufaellig entdecken, dass Teile dieser Seite oder aehnlichkeiten mit dieser Seite in anderen Internetpraesenzen zu finden sind, dann sollte derjenige wissen, dass diese Seite nach zufaelligem Auffinden der Seite http://www.realname-diskussion.info/urteile.htm (die ersten fuenf Beispiele) entstanden ist und nicht umgekehrt.
Auch die weiteren Beispiele und Formulierungen sind meistens dem Internet entnommen worden.

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 04.02.06
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