Armut ist nicht gleich Armut
4.07.2003 Armut weltweit . Begriff und Definition (Teil 1)
Was
heißt es eigentlich, wenn wir von Armut reden? Wie wird sie definiert,
bedeutet Armut überall das gleiche? Und schätzen Arme ihre eigene
Situation anders ein, als es die bloßen Zahlen in den Statistiken
wiederzugeben scheinen? Armut – Annäherung an einen Begriff.
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Es gibt
verschiedene Definitionen von Armut. Gebräuchlich sind die Begriffe
"absolute" und "relative" Armut.
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Armut kann
verschieden gemessen werden, z. B. über das Einkommen oder über
bestimmte soziale Indikatoren.
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Armut gibt es
auch in Deutschland. Allerdings werden Arme hierzulande von einem
sozialen Netz aufgefangen.
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Die Armen
selbst sehen ihre Situation differenziert und berücksichtigen dabei
Einkommen sowie andere Faktoren.
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Die Vereinten
Nationen und das Aktionsprogramm 2015 nutzen den Indikator "1 US-Dollar
pro Tag", um extreme Armut messbar zu machen.
Arm ist, wer
hungern muss. Wer von weniger als einem US-Dollar am Tag überleben muss.
Wer nicht zur Schule gehen kann. Wer Gewalt hilflos ausgeliefert ist.
Beschreibungen von Armut, die den meisten Menschen einleuchten. Die
deutlich machen, dass sich Armut auf viele, komplex miteinander verwobene
Bereiche des menschlichen Lebens erstreckt.
In der
Entwicklungszusammenarbeit gibt es allgemein akzeptierte Maßstäbe die
beschreiben, was Armut ist und wer als arm gilt. Nur so lässt sich Armut
messen und vergleichen. Nur so kann die internationale Gemeinschaft
entscheiden, wo der Kampf gegen die Armut ansetzen soll. Und überprüfen,
welche Fortschritte dabei erzielt werden.
Als
absolut arm gilt, wer nicht über die Ressourcen verfügt, um
elementare Grundbedürfnisse zu befriedigen und ein menschenwürdiges Leben
zu führen. Das schließt materielle wie immaterielle Aspekte ein.
Materielle Armut bedeutet ein Mangel an Gütern, die zum physischen
Überleben erforderlich sind. Hier geht es u.a. um Essen, Kleidung,
Wohnung, sauberes Trinkwasser. Immaterielle Armut bezieht soziale,
ethnische, religiöse, kulturelle und politische Aspekte ein, ohne die ein
menschenwürdiges Leben nicht möglich ist: Teilhabe am politischen wie
gesellschaftlichen Leben eines Landes, Bildungschancen, Menschenrechte,
Gleichberechtigung der Geschlechter u.v.m. Armut bekämpfen bedeutet daher
an mehreren Stellen anzusetzen. Da ist es nur konsequent, dass der Kampf
gegen Armut die alles überwölbende Aufgabe der deutschen
Entwicklungszusammenarbeit ist.
Bei der
relativen Armut vergleicht man innerhalb eines Landes den
Lebensstandard unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen. Die Situation der
Armen kann in zwei Ländern unterschiedlich ausfallen, obwohl die Zahl der
Armen in beiden Ländern identisch hoch ist. Denn relative Armut drückt in
erster Linie soziale Ungleichheiten innerhalb einer Gesellschaft aus. In
den meisten Ländern gilt als arm, wer über weniger als 50 Prozent des
durchschnittlichen Nettoeinkommens verfügt. Wer über 40 Prozent oder
weniger verfügt gilt als absolut arm, bei 60 Prozent gilt man als
einkommensschwach.
Ressourcenansatz oder die Ein-Dollar-Marke:
Da Hunger,
Krankheit und der permanente Überlebenskampf eines absolut Armen nicht
oder nur schwer messbar sind, hat die Weltbank die Ein-Dollar-Marke
eingeführt. Sie definiert sich über das Einkommen und Vermögen. Das ist
der so genannte Ressourcenansatz, leicht mess- und vergleichbar. Als
absolut oder extrem arm gilt, wer weniger als einen US-Dollar pro Tag zur
Verfügung hat (in lokaler Kaufkraftparität). Und das sind heute rund 1,2
Milliarden Menschen, also jeder fünfte Mensch auf diesem Planeten.
Betrachten wir den Schwellenwert von 2 US-Dollar pro Kopf und Tag, so
leben insgesamt schon 2,8 Milliarden Menschen in Armut. Beinahe jeder
zweite Mensch, der nicht in der Lage ist, einen minimalen Lebensstandard
zu erreichen. Der sich keine angemessene Mindesternährung leisten kann.
Und der täglich ums Überleben kämpft (Quelle: Weltentwicklungsbericht
2002; Weltbank, 2002).
Ein Dollar pro
Tag ist in der Entwicklungszusammenarbeit ein gängiger Begriff, auf den
man sich geeinigt hat, um eine gemeinsame Messgröße für Armut zu haben.
Auf diese Größe bezieht sich auch das Ziel der internationalen
Gemeinschaft, die absolute Armut weltweit bis 2015 zu halbieren.
Lebenslageansatz und HDI (Human Development
Index):
Daneben gibt es
den so genannten Lebenslageansatz, der sich deutlich vom Konzept der
Einkommensarmut abgrenzt und den Armuts-Begriff wesentlich weiter fasst.
Dabei geht es um die Frage: Reichen die verfügbaren Ressourcen aus, um das
eigene Leben individuell und menschenwürdig zu gestalten? Das
berücksichtigt auch Indikatoren wie Bildungschancen, gesellschaftliche
Teilhabe an Entscheidungen, Lebensstandard, Selbstbestimmung,
Rechtssicherheit u.v.m.
Auf Grundlage
des Lebenslageansatzes errechnet UNDP den Human Development Index (HDI).
Auf einer Skala zwischen 0,0 und 1,0 beschreibt er den Entwicklungsstand
eines Landes. Die Indikatoren: Lebenserwartung bei der Geburt,
Alphabetisierungsrate, Bildungsniveau und reale Kaufkraft pro Kopf. Der
HDI in Deutschland liegt erwartungsgemäß hoch.
Teil 2