Solshenizyn - Archipel Gulag
Rezensionen aus
Regionalinfo
GULAG - Die dunkle Seite der
Sowjetunion
Dieses Buch war für alle Interessenten in der DDR bis zum Mauerfall ein
Mythos. Natürlich kannte man das Thema, wusste aus dem West-TV in etwa,
was Solschenizyn da präsentierte und ahnte vielleicht Schreckliches. Als
man es dann endlich lesen kann, kommt alles viel schlimmer...
Wie ein roter Faden zieht sich durch alle Seiten seines Buches die tiefe
Menschenverachtung des Systems. Hier werden nicht nur Abweichler
kaltgestellt und aus dem Verkehr gezogen, nein, JEDEN kann es treffen.
Andersdenkende, Kritiker und Nichtmitmaschierer ebenso wie tatsächliche
Kriminelle, Assoziale und Saboteure.
Was bei Lenin beginnt, Stalin in paranoiden Verfolgungswellen ungeheuren
Ausmaßes fortführt, setzt sich dann sogar noch in der "Tauwetterperiode"
fort. Millionen Menschen werden nicht nur unter unwirklichsten Bedingungen
und zum Großteil völlig unschuldig versklavt, nein, Millionen bezahlen mit
ihrem Leben.
Ein Menschenleben gilt im Sowjetreich ebensowenig wie ein Jude bei den
Nazis etwas galt oder Afrikaner einst auf den amerikanischen
Baumwollplantagen. Und das in einer Gesellschaftsordnung, die sich selbst
als einzig mögliches System sieht, die Ausbeutung des Menschen durch den
Menschen abzuschaffen.
Besonders dramatisch nehmen sich Solschenizyns auf den ersten Blick
nebensächlichen Schilderungen, Erlebnisse Einzelner, Kleinigkeiten oft nur
am Rande, geradezu unspektakulär und vielleicht sogar banal wirkend, aber
gerade dann kann man die ganze Tragödie am stärksten nachvollziehen. Wenn
sich niemand wirklich für dich interessiert, wenn es im Prinzip egal ist,
was du angestellt hast (das Soll muss erfüllt werden, also wird die Stadt
XYZ noch 1000 Angeklagte mehr abrechnen...), du kannst unschuldig sein
oder schwanger, einen Namen haben oder schon jahrelang für den Aufbau des
Sozialismus schuften, na und?! Pech gehabt, jetzt bist du im GULAG. Jetzt
bist du NICHTS mehr.
Man mag über Solschenizyns literarischen Qualitäten vielleicht
geteilter Meinung sein. Für seinen Mut und seine Ausdauer, für seinen
"Archipel GULAG" gebührt im Dank und Anerkennung.
Staatsterrorismus - Basis des Sowjetstaates
Ein erschütterndes Buch. Das, was vor allem in der DDR seit der
Chrustschow-Ära als Stalinismus und Personenkult bzw. als Deformierung der
"reinen Leninschen Lehre" bzw. des "reinen edlen Kommunismus" ausgegeben
worden ist, ist seit 1917, seit der Oktoberrevolution, immanenter
Bestandteil des Staatsterrorismus in Sowjetrussland und in der Sowjetunion
gewesen. Solshenizyn schreibt, dass die Folgen der von Lenin bei der
Ausarbeitung der neuen revolutionären Strafgesetzgebung formulierten
"verhältnismäßig leichten Unterdrückung...,...(der) Niederhaltung der
Minderheit der Ausbeuter durch die Mehrheit der Lohnsklaven von gestern"
allein für die Zeit von 1917 bis 1959 mit 66 Millionen Menschenleben
beziffert werden müssen. Er erwähnt weiterhin, dass am 5.9.1918 im
Sownarkom-Dekret über den Roten Terror, welches nach dem Attentat auf
Lenin erlassen wurde, "Massenerschießungen" sowie "die Absicherung der
Sowjetrepublik gegen Klassenfeinde vermittels derer Isolation in
Konzentrationslagern" angewiesen wurden, so dass damit offensichtlich ist,
wie früh und durch wen der Begriff "Konzentrationslager" bereits in dem
später so sattsam bekannten Sinne angewendet worden ist. Sarkastisch
bemerkt Solshenizyn an anderer Stelle, dass sich diese Konzentrationslager
und späteren Straf- bzw. Arbeitslager von denen der Nazizeit in nichts
unterschieden, aber eines werde man den sowjetischen Lagern nicht
nachsagen können "dass sie Gaskammern gehabt hätten", dazu hätten die
wirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten gefehlt. Es ist schrecklich
zu erfahren, dass die in der DDR und im damaligen "Sozialistischen Lager"
als Erfolge des kommunistischen Systems der Sowjetunion gefeierten
Kanalbauten und dergleichen nichts als ein Ergebnis der schlimmsten
Sklaverei waren. Überdies hebt sich die Person Lenins in nichts von den
anderen Sowjetherrschern wie Stalin und Berija ab. Mit freundlichen Grüßen
www.werner-hessel.de
beeindruckendes zeitdokument
archipel gulag ist ein beeindruckendes buch. es handelt von einem teil der
russischen geschichte der in seiner ganzen grausamkeit im westen
vielleicht gar nicht (gar nie) bewusst war. das schicksal von alexander
solschenizyn, der in das räderwerk des stalinistischen systems geriet,
ist, stellvertretend für die vielen millionen russischer schicksale die
nicht so literarisch hochwertig dokumentiert wurden, ein wichtiger beitrag
gegen das vergessen dieser verbrechen. dass der russische staat seine
sozialistischen ideale früh über bord warf ist bekannt. dass er aber, um
seine ehrgeizigen industrieprojekte voranzutreiben, und um die fehler der
planwirtschaft auszugleichen, auf die primitivste und grausamste form der
ausbeutung zurückgriff, den einsatz von rechtlosen sklaven, ist paradox.
ein system das die unterstützung grosser teile seiner bevölkerung hat, die
sich von ihm eine goldene zukunft versprechen, sperrt diese aus
nichtigkeiten für zwanzig jahre hinter gitter oder lässt sie sich zu tode
arbeiten im gulag. solschenizyn beschreibt diesen irrwitz sogar recht
ironisch. das buch ist trotz des schrecklichen themas manchmal komisch,
wenn der autor z.b. beschreibt wie die eifrigsten ankläger letztendlich
selbst zu angeklagten werden oder andere irrwitzigkeien des nicht
nachvollziehbaren wahnsinns der stalin zeit.
(Dies ist eine
Amazon.de an der Uni-Studentenrezension.)
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Rolf Schälike.
Dieses
Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 27.10.03.
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