Rolf Schaelike - Zeitzeuge Fallbeispiele Legales Abzocke-Schema - Ihr Mandant moechte abzocken
Vorlesung eines
angesehenen
Hamburger Rechtsanwaltes von Rolf Schaelike - September 2005 - anstelle eines Tagebuchs Meine sehr geehrten Herren und Damen, mein Kollege, der angesehene Hamburger Rechtsanwalt, hat sich fuer heute krank gemeldet. Er berichtete mir von der begeisterten Studentenschaft Ihrer Fachhochschule und bat mich, zum Thema Legale Abzocke - ich schreibe es gross an die Tafel - offen zu sprechen. Die Bitte meines Kollegen nahm ich dankbar an. Ich habe zwar keine rote Nase, trinke also nicht, auch Viagra ist nicht mein Fall, denn ich stehe weder auf scharfe Weiber noch auf Bluemchen-Sex. Stattdessen bin huebsch und bescheiden. Ohne Hilfe von Viagra loese ich geschickt meine Verhaeltnisse zwischen Angebot und Nachfrage. Mitschreiben duerfen sie bei mir, denn ich fuehle mich sehr sicher. Meine Abzocke ist gaenzlich legal, und abgesegnet vom Landgericht Hamburg. Aus Hamburg komme ich zwar nicht, habe jedoch ebenfalls ein altsprachiges Gymnasium besucht, dort das Wortverdrehen ausgiebig geuebt. Sogar einen Doktor habe ich, denn dieser liefert bekannter weise Gewicht. Sogar Hochschulassistent fuer Buergerliches Recht und Zivilrechtliche Grundlagenforschung bin ich einmal gewesen, was Richter meist beeindruckt. Als Rechtsanwalt einer Sozietaet von Wirtschaftspruefern, Steuerberatern, Rechtsanwaelten ist unser lieb gewonnenes Hauptgeschaeft die Abzocke. Wir beraten bei Abzocke und vertreten Abzocker, denn diese werden entweder angeklagt oder klagen selbst. Die Anzahl verklagter und klagender Abzocker haelt sich die Waage.
Moralische Skrupel brauchen wir nicht zu
besitzen, denn unsere Gesellschaft beruht und haelt sich durch Abzocke,
umbenannt in - Steuern, Gemeinwesen, Versicherung, Krieg, Wirtschaftsberatung, Rechtsprechung, Terrorbekaempfung
etc. Gott beschuetze die Abzocke und lasse diese nie enden! Au, ich glaube, ich habe gerade laut gedacht. Vergessen Sie meine Worte, schon ich selbst habe diese vergessen. Wir setzen fort. Welche Faehigkeiten hat ein Abzocker zu besitzen? Sicht aufs Grosse: Andere nennen das Oberflaechlichkeit. Schnelle Entscheidungsfaehigkeit: Manche behaupten, schnelle Entscheidungen treffen nur Dumme. Zielstrebigkeit: Das ist nicht Gleichgueltigkeit gegenueber anderen. Wir brauchen nur zu behaupten, wir lieben unsere Familie, Gott und alle anderen. Handeln dabei einfach nur zielstrebig. Sicherheit: Die wuenscht sich jeder. Nicht umsonst wird alles moegliche versichert. Unsere Richter sitzen fest im Sattel, genau so wie die meisten von uns als Rechtsanwaelte. Selbstbewusstsein: Mit ueberheblichkeit hat das nichts zu tun. Schnelle Entscheidungen versteht die Mehrheit. Was ist nun mein heutige geniales Beispiel fuer legale Abzocke? Mein Mandant kam aus der Versicherungsbranche. Da lag die Idee, ueber einen Vertrag mit der eigenen Ehefrau, die ueberhaupt keine Leistung erbracht hatte, das eigene Gehalt heimlich zu erhoehen, auf der Hand. Jahrzehntelange Praxis im Versicherungsgeschaeft schaerft die Sicht auf das Grosse, lehrt, schnelle Entscheidungen zu treffen, sicher aufzutreten und selbstbewusst das Blaue vom Himmel zu versprechen. Die Partner kamen dahinter, und fordern nun die ueber 3 Jahre monatlich an die Ehefrau des Mandanten gezahlten Betraege in Gesamthoehe von ca. 100.000,00 EUR zurueck. Meinen lieben Studenten, Sie sagen, das ginge nicht, mein Mandat muesse verlieren. Falsch! Glatter Irrtum! Es genuegt, wenn der im guten Glauben geschlossene Vertrag lautet: Vertragsgegenstand ist Gestaltung von Drucksachen und Beratung fuer die Aussenwerbung. Die vereinbarten Leistungen gelten als erbracht bei Ablieferung und Abnahme vom Auftraggeber zum vorgegebenen Termin. Der Auftragnehmer erhaelt monatlich ein Pauschalhonorar von 1600,00 EUR. Faellig ist es 14 Tage nach Erfuellung der Leistung. Eine Rueckbelastung der abgerechneten Monate ist nicht moeglich. Dieser Vertrag kann von beiden Seiten mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende eines Quartals gekuendigt werden. Im uebrigen gelten die Vorschriften ueber selbststaendige Dienstvertraege (§§ 611 ff. BGB), soweit keine abweichenden Vereinbarungen getroffen werden. aenderungen zu diesem Vertrag beduerfen der Schriftform. Unabhaengig von diesen vertraglichen Vereinbarungen sind Zahlungen heimlich durch den Ehemann-Geschaeftsfuehrer an seine Ehefrau erfolgt.
Warum genuegt das? Behaupten sie einfach:
Weil der betruegerisch an seine eigene
Ehefrau "Gehalt" zahlende Ehemann Geschaeftsfuehrer der Firma war, deshalb
im Namen der Firma
zahlen durfte, war der Betrug legal. Weiter hilft auch das Argument, der Vertrag sei nicht gekuendigt.
Eine Berufung darauf, dass das Pauschalhonorar
14 Tage nach Erfuellung der Leistung faellig war und, da ueberhaupt keine Leistung
erbracht wurde, auch keine Kuendigung sinnvoll ist, kann in diesem Fall nicht
greifen. Es
wurde regelmaessig ueberwiesen. Damit wurde der Beweis erbracht, dass es sich um einen
Scheinvertrag handle. Denken Sie nicht, ich haette einen meiner wirklichen Mandanten beschrieben!
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