DDR und Deutschland Heute

Deutsche Rechtsanwaelte


 

Home Sitemap Deutsche Rechtsanwaelte Deutsche Richter


Urteil des Landgerichts Hamburg im Widerspruchsverfahren
Vergleich der Erfahrungen mit einem Rechtsanwalt
und den in der DDR gesammelten Erfahrungen

Im Widerspruchsverfahren gegen die einstweilige Verfuegung zur Bewertung der Arbeit eines Rechtsanwaltes haben wir verloren.

Wir haben Klage zum Hauptverfahren beantragt. Und auch das Hauptverfahren verloren.
Revisionszulassung beim BGH ist beantragt und eine Beschwer beim Verfassungsgericht liegt vor.

Sie auch unsere Kommentare.

Landgericht Hamburg

U R T E I  L

Im Namen des Volkes

Geschaefts.Nr.: 324 O 678/03

Verkuendet am: 16.12.2003

in der Sache
Mustermann

- Antragsteller -

Prozessbevollmaechtigte - Rechtsanwaelte Mustermann pp.

gegen

1) Rolf Schaelike
Bleickenallee 8, 22763 Hamburg

2) WordLex GmbH

vertreten durch die Geschaeftsfuehrer
Rolf Schaelike und Ulrich Rothe,
Bleickenallee 8, 22763 Hamburg

- Antragsgegnerin

Prozesabevollmaechtigter / Rechtsanwalt Helmut Jipp,

erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 24
auf die muendliche Verhandlung vom 12.12.2003 durch

den Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske
den Richter am Landgericht Zink
die Richterin am Landgericht Dr. Glaeser

fuer Recht:

Die einstweilige Verfuegung vom 13. Oktober 2003 wird bestaetigt.

II. Die Antragsgegner haben auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um den Bestand der einstweiligen Verfuegung der Kammer vom 13.10.2003, mit der der Antragsteller den Antragsgegnern die Verbreitung von ueber das Internet verbreiteten aeusserungen hat untersagen lassen.

Der Antragsteller ist Rechtsanwalt und vertritt eine oder mehrere Personen, die sich mit dem Antragsgegner zu 1) oder von diesem gefuehrten Firmen im Rechtsstreit befinden. Die Antragsgegnerin zu 2) ist Domaininhaberin der Internetseite „www.eurodiva.de", der Antragsgegner zu 1) ist einer der Geschaeftsfuehrer der Antragsgegnerin zu 2) und administrativer Ansprechpartner fuer die genannte Internet-
Seite (vgl. Anl ASt 5). Auf dieser Internetseite berichten die Antragsgegner u.a. ueber die o.g. Rechtstreitigkeiten; in diesem Zusammenhang finden sich auch Angriffe auf den Antragsteller. So hiess es auf dieser Seite jedenfalls am 8.10.2003;

„Auch ein Rechtsanwalt Mustermann wird es nicht schaffen, die Wahrheit juristisch zu verdrehen und zu unterdruecken."

und an anderer Stelle als Stellungnahme zu an die Antragsgegnerinnen gerichteten Abmahnungen des Antragstellers:

„Es stimmt allerdings, dass die Verdrehung der Wahrheit mit gleichen Methoden erfolgt, allerdings unter verschiedenen aeusseren Bedingungen.
Auch das unrechtmaessige Handeln staatlicher Organe der ehemaligen DDR erfolgte durch konkrete Menschen, u.a. auch Rechtsanwaelte.
Moechte Herr Mustermann diese meine Erkenntnisse und darauf aufbauenden Untersuchungen vertiefen?"

Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Veroeffentlichung wird auf den als Anlage ASt 3 eingereichten Ausdruck der Internetseite der Antragsgegner vom 8.10.2003 Bezug genommen.

Nach erfolgloser Abmahnung erwirkte der Antragsteller die einstweilige Verfuegung der Kammer vom 13.10.2003, mit der den Antragsgegnern unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel verboten wurde, ueber den Antragsteller zu aeussern,

1. er verdrehe die Wahrheit Juristisch und unterdruecke sie;

2. er verdrehe die Wahrheit mit gleichen Methoden wie beim unrechtmaessigen Handeln staatlicher Organe der ehemaligen DDR.

Hiergegen wenden sich die Antragsgegner mit ihrem Widerspruch, zu dessen Begruendung sie vortragen, dass sie in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt haetten und ihr Verhalten zudem auf die Position des „Gegenschlags" stuetzen koennten. Der Antragsteller sei in einer Vielzahl von Verfahren gegen sie - die Antragsgegner - aufgetreten und habe sich immer wieder durch eine deutliche, herabsetzende Sprache hervorgetan. In diesem Zusammenhang berufen sich die Antragsgegner auf verschiedene Auszuege aus Schriftsaetzen, Klagen und Strafanzeigen (Anl B 1 - B 5). Der Antragsteller sei hierbei in der formal besseren Position, weil er staendig mit dem Privileg der Wahrnehmung berechtigter Interessen umgehe; dies sei ihnen im Wege der Waffengleichheit ebenso zuzubilligen. Die beiden verbotenen „Behauptungen" haetten sie gar nicht so getaetigt, wie ihnen dies verboten worden sei. Was sie tatsaechlich geschrieben haetten, sei eine im Rahmen der zwischen den Parteien gefuehrten Fehde zulaessige Meinungsaeusserung. „Verdrehen" und „unterdruecken" koenne man die Wahrheit gerade in einem Zivilprozess eindeutig. Ausserdem haette man zum Ausdruck bringen wollen, dass der Antragsgegner zu 1) ein „wirklich harter Brocken" sei, den zu bezwingen schon den DDR-Organen nicht gelungen sei.

Die Antragsgegner beantragen:

den Beschluss vom 13.10.2003 aufzuheben und den auf ihn gerichteten Antrag vom 9.10.2003 zurueckzuweisen.

Der Antragsteller beantragt.

die einstweilige Verfuegung zu bestaetigen.

Der Antragsteller verteidigt den Bestand der einstweiligen Verfuegung und fuehrt an, dass es sich bei den angegriffenen aeusserungen um massive Verleumdungen und Beleidigungen handele.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsatze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt des Protokolls der muendlichen Verhandlung vom 12.12.2003 verwiesen.

In einem Parallelverfahren hat der Antragsteller wegen weiterer - frueherer - aeusserungen auf der genannten Internetseite eine Unterlassungverfuegung der Kammer gegen die Antragsgegner erwirkt (Az, 324 0 620 / 03).

Entscheidungsgruende:

Nach dem Ergebnis der Widerspruchsverhandlung ist die einstweilige Verfuegung vom 13.10.2003 zu bestaetigen. Der Antragsteller kann von den Antragsgegnern gemaess §§ 823, 1004 BGB (analog) in Verbindung mit Artt. 1, 2  GG verlangen, dass diese es unterlassen, sich in der angegriffenen Weise zu aeussern, denn hierdurch wird der Antragsteller bei bestehender Wiederholungsgefahr in seinem allgemeinen Persoenlichkeitsrecht verletzt.

Die Antragsgegner haben sich auf der von ihnen betriebenen Internetseite in der angegriffenen Weise geaeussert. So heisst es ausweislich des Ausdrucks vom 8.10.2003 (Anl ASt 3) an einer Stelle
„Auch ein Rechtsanwalt Mustermann wird es nicht schaffen, die Wahrheit juristisch zu verdrehen und zu unterdruecken."
Eine solche Aussage kann der Leser nur so verstehen: „Rechtsanwalt Mustermann verdreht die Wahrheit juristisch und unterdrueckt sie, aber er wird damit nicht durchkommen."

Den prognostizierenden Anteil, der sich in diesem Verstaendnis der angegriffenen Passage findet und der eine Meinungsaeusserung darstellen duerfte, hat die Kammer ausweislich des Tenors der einstweiligen Verfuegung gerade nicht verboten. An der bereits oben zitierten weiteren Stelle auf ihrer Internetseite aeussern sich die Antragsgegner dann noch wie folgt in Bezug auf den Antragsteller:
„Es stimmt allerdings, dass die Verdrehung der Wahrheit (mit gleichen Methoden) erfolgt,...".

Spaetestens hiermit ist das vorstehend wiedergegebene Verstaendnis der o.g. Passage fuer den Leser zwingend, naemlich als die Aussage, dass der Antragsteller die Wahrheit juristisch verdrehe und unterdruecke. Dies entspricht indes genau dem in Ziffer 1 der einstweiligen Verfuegung ausgesprochenen Verbot. Das letztgenannte Zitat von der Internetseite der Antragsgegner lautet vollstaendig wie folgt: „Es stimmt allerdings, dass die Verdrehung der Wahrheit mit gleichen Methoden erfolgt, allerdings unter verschiedenen aeusseren Bedingungen. Auch das unrechtmaessige Handeln staatlicher Organe der ehemaligen DDR erfolgte durch konkrete Menschen, u.a. auch Rechtsanwaelte." Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb diese - nach dem Kontext unmissverstaendlich auf den Antragsteller gemuenzte - aeusserung durch den Verbotstenor zu Ziffer 2 nicht zutreffend wiedergegeben sein soll; der Verbotstenor setzt diese Passage lediglich in indirekte Rede, fasst sie zusammen.

Dass der Antragsteller durch derartige Vorwuerfe in seinem oeffentlichen Ansehen in durchaus erheblicher Weise beeintraechtigt wird, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Begruendung.

Hierdurch haben die Antragsgegner in rechtswidriger Weise in das Persoenlichkeitsrecht des Antragstellers eingegriffen. Zwar weisen die Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass beide verbotenen aeusserungen erhebliche Wertungsanteile enthalten, etwa in den Begriffen „verdrehen" und „unterdruecken" wie auch im Vergleich mit der ehemaligen DDR, und daher ueberwiegend als Meinungsaeusserungen anzusehen sind. Daneben durfte allerdings auch die Tatsachenbehauptung enthalten sein, dass
der Antragsteller bewusst versuche, die Wahrheit zu unterdruecken. Doch auch als reine Meinungsaeusserungen waeren die angegriffenen Aussagen unzulaessig. Als Werturteile geniessen die aeusserungen zwar grundsaetzlich den Schutz der Meinungsfreiheit aus Art.5 Abs.1, Satz 1 GG. Die Meinungsfreiheit tritt aber im Rahmen der erforderlichen Abwaegung regelmaessig hinter den grundrechtlich geschuetzten Achtungsanspruch des einzelnen zurueck, wenn es sich bei der fraglichen aeusserung um Schmaehkritik handelt. Eine Schmaehkritik liegt dann vor, wenn in einer herabsetzenden aeusserung nicht die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht, wenn also die Kritik auch aus Sicht des Kritikers keine vertretbare Grundlage mehr haben kann, sondern auf eine vorsaetzliche Ehrkraenkung abzielt (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 4,Aufl., Rz.5.83ff; Soehring, Presserecht, 3,Aufl„ Rz.20.9; Prinz/Peters, Medienrecht, Rz.91; BGH NJW 1987,1398). Ausschlaggebend ist insofern insbesondere, ob die streitige aeusserung Sachnaehe zu einem ihr zu Grunde liegenden Tatbestand hat; fehlt es an Jeglichen tatsaechlichen Anknuepfungspunkten, auf die die geaeusserte Meinung gestuetzt werden koennte, ist die Grenze von der zulaessigen Meinungsaeusserung zur
unzulaessigen Schmaehkritik ueberschritten (HansOLG, NJW 2000, 1292 f). Dies trifft im vorliegenden Fall zu: Auch die Antragsgegner haben nicht im Ansatz Anknuepfungstatsachen fuer derartige Bewertungen vorgetragen. Wenn der Antragsteller in einigen Schriftsaetzen in einem scharfen Tonfall vortraegt und den Antragsgegner zu 1) anzeigt, koennte dies allenfalls dann die angegriffenen aeusserungen rechtfertigen, wenn die Antragsgegner darlegen und glaubhaft machen, dass der Antragsteller hierbei in irgendeiner Weise bewusst unwahr oder wenigstens verzerrt vorgetragen hat. Dass kontraere Ansichten vorgetragen werden, kann fuer sich genommen die angegriffenen aeusserungen selbst dann nicht rechtfertigen, wenn dies in einem zugespitzten oder gar polemischen Tonfall erfolgt sein sollte. Derartige Auseinandersetzungen, moegen sie auch in scharfem Ton gefuehrt sein, in eine Relation zu der massiven Unterdrueckung durch staatliche Organe der ehemaligen DDR zu setzen, ist nachgerade absurd. Damit erweisen sich die angegriffenen aeusserungen als Schmaehkritik.

Ein zulaessiger Gegenschlag der Antragsgegner lag schon deshalb nicht vor, weil der Antragsteller sich mit seinen Angriffen (die er zudem wohl auch eher im Namen der von ihm vertretenen Mandantschaft vorgetragen hat) eben nicht an die potentiell unbegrenzte, naemlich weltweite oeffentlichkeit des Internets gewendet hat, sondern sich auf Ausfuehrungen in Verfahren beschraenkt hat, die nur einer sehr begrenzten oeffentlichkeit zugewandt sind. Selbst wenn man unterstellt, dass die Antragsgegner sich hierbei angegriffen fuehlen duerften, koennte dies allenfalls einen „Gegenschlag" auf gleicher Ebene rechtfertigen. Den Antragsgegnern ist deshalb auch nicht unter dem Aspekt der Waffengleichheit zuzugestehen, in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt zu haben, weil es ihnen grundsaetzlich unbenommen gewesen waere, innerhalb jener Verfahren in einer ihnen angemessen erscheinenden Weise zu replizieren, wenn sie sich dort vom Antragsteller persoenlich in ungerechtfertigter Weise angegriffen fuehlten.

Es liegt auch die fuer einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr hinsichtlich der angegriffenen aeusserungen vor, da zu vermuten ist, dass ein einmal erfolgter rechtswidriger Eingriff wiederholt wird (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 4.Aufl., Rdn.12.8). Die Antragsgegner haben nichts vorgebracht, das diese Vermutung widerlegen koennte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs.1 ZPO.

Buske              Zink                     Glaeser

Siehe auch unsere Kommentare zu dieser Sache.

Die Wiedergabe von Verbotsurteilen und Beschluessen ist uns erlaubt.
Dazu gibt es ein Urteil des OLG Muenchen, Beschluss vom 01.03.2001 - Az: 21 W 3313/00

Bitte senden Sie Ihre Kommentare an Rolf Schaelike
Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 24.04.05
Impressum