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Rolf Schaelike



 
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Sechs Tage in UHA Holstenglacis, Hamburg - Rolf Schaelike - April - November 2005

Gewidmet Horst-Wulf Lehmann

Vorwort; Jetzt kann ich berichten; Mitbringen duefen Sie:; Die Zelle 27; Inschriften; Das Essen;

 Die Beamten; Der Alltag; Nachwort

Vorwort

Vor fast dreissig Jahren wurde mein guter Freund, Helmut Warmbier, in der DDR festgenommen und zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt wegen Weitergabe sechs eigener Gedichte an lediglich zwei Personen. Im Gegensatz zu Prof. Porsch verlor Helmut Warmbier seinerzeit als aus der SED Ausgeschlossener seine Stelle als Dozent an der Leipziger Universitaet.

Er wurde in die Produktion geschickt, und nach einem Jahr "Bewaehrung" durfte er Kfz-Mechaniker werden. 3 Jahre spaeter reparierte er im Knast die Stasi-Fahrzeuge, hauptsaechlich Wartburgs.

ueer seine Knasterlebnisse berichtete er wenig. Was sollte er auch. Irgendwie hatten die anderthalb Jahre fue seine Seele keine Bedeutung. Schlimmer war es allerdings fue seine in Freiheit gebliebene Frau. Sie hat diesen Stasi-Unsinn nie ueerwinden koennen, leidet bis heute.

Damals, 1977,  hatte ich keine Lust, in den Knast zu gelangen. Unerwuescht fue bestimmte Leute der Staatsmacht zu sein, stoerte mich nicht. Den Knast wollte ich aber nicht kennen lernen.

Meinen Freund, Helmut Warmbier, hatte ich jedoch vor zu retten; deshalb begab ich mich direkt in die Hoehle des Loewen, zu Markus Wolf, dem weltberuemt-beruehtigten Geheimdienstprofi. Im Kreise unserer Familie wurde er liebevoll Mischa genannt. Die topgeheime Privatnummer zu bekommen, war fue mich kein Problem.


24.03.2005, 11:00 Rolf Schaelike, Holstenglacis
 Haftantritt am falschen Eingang
Ist ja der Besuchereingang

Meinem Freund hat er nicht geholfen, mich jedoch beruhigt, dass fue die Bueherverbreitung in der DDR niemand verurteilt werden kann. Ausnahmen: faschistische Literatur und Pornografie.

Im Orwelljahr 1984 wurde nun auch ich verhaftet und nach 7 Monaten fue die Verbreitung von 7 Buehern in 13 Faellen verurteilt zu 7 Jahren Zuchthaus. Statt Pornografie oder faschistischer Propaganda thematisierten diese Bueher  hauptsaechlich Menschenrechte.

Mein Versuch, die Aussage des stellvertretenden Stasiminister zu meiner Entlastung ins Verfahren einzubeziehen, musste scheitern. Selbstverstaendlich wurde Mischa,  "Garant" meiner Freiheit, als Zeuge nicht geladen.

Zehneinhalb Monate sass ich im Stasi-Untersuchungsgefaengnis Dresden. So gehoere ich jetzt zur Bruderschaft der erfahrenen Knackis.

Spaeter in Hamburg war es mehr als nur ein Abenteuer, zu versuchen, in den heutigen deutschen Knast hinein zu kommen.

Als Dolmetscher gelang mir das nicht, da die Knastbrueer ins Richterzimmer gefuert werden, wo gedolmetscht wird. Den Knast von innen zu erleben, war mir nicht vergoennt.

Ich betreue einen Obdachlosen, und besuchte diesen mehrmals im Gefaengnis. Auch dort lernte ich kaum mehr als die Eingangskontrolle kennen; ein paar Beamte im Umgang mit den Besuchern, dazu die Sporthalle, zeitweilig genutzt als Busucherraum. Sport getrieben wurde jedoch nur von Personen im Besitz sauberer Turnschuhe, also von fast gar keinem, berichtete grinsend der Obdachlose.

Viel mehr ueer den deutschen Knast konnte ich nicht erfahren. Am eigenen Leib gegoennt hat mir diese Erfahrung Herr Andreas Buske, Vorsitzender Richter der Zivilkammer 24 - auch Pressekammer genannt - des Landgerichts Hamburg.

Natuelich  nicht allein.
Bestaetigung erhielt er von Frau Dr. Raben, Vorsitzende Richterin am 7. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts.

Sie verpassten mir 3000,00 Euro Ordnungsgeld bzw. 6 Tage Ordnungshaft, "ersatzweise fue den Fall, dass dieses nicht betrieben werden kann".

Was heisst "nicht betrieben werden kann"? Konnte mir keiner erklaeren. Selbst meine vielen Rechtsanwaelte nicht. Heute weiss ich, dass ich das Recht habe, selbst zu waehlen zwischen Ordnungsgeld oder Ordnungshaft, selbst wenn ich einen vielfachen Betrag des Ordnungsgeldes persoenlich besitze.

So ist nun einmal die Sprache von Andreas Buske, dem Oberwaerter der deutsche Sprache in der fleissigen Pressekammer Hamburg, abgesichert durch Gesetze, Urteile des BGH, des Verfassungsgerichts, und nicht zuletzt durch seine verbriefte Unabhaengigkeit, im Namen des Volkes zu entscheiden.

Knast habe ich natuelich vorgezogen. Bis ich von meinem Recht auf Knast erfuhr, zahlte ich schon auf Raten, welche mir die Justiz ohne Federlesen erstattete.

Wen an dieser Stelle der Grund fue die Ordnungshaft interessiert, ist dieser einfach zu erklaeren:

Mir wurde durch eine einstweilige Verfueung verboten,

1. zu behaupten, der Antragsteller habe im Gerichtssaal in einer Verhandlung vor dem Landgericht Hamburg am 09.09.2003 die AEusserung "Das war Scheisse" abgegeben,

2. in Bezug auf den Antragsteller zu verbreiten:

Landgericht
Datum 09.09.2003
Dem Rechtsanwalt - und ich nannte ihm beim Namen - kam die Erkenntnis. RA im Gerichtssaal: "Das war Scheisse".

Ich habe nach diesem Verbot den Internetauftritt geaendert in:

Landgericht Hamburg
Datum 09.09.2003
Vom Rechtsanwalt hoerten wir im Gerichtssaal sinngemaess: "Das war Scheisse!"

Herr Andreas Buske meinte und Frau Dr. Raben bestaetigte, dass auch das durch den Tenor der einstweiligen Verfueung verboten worden war.

Inzwischen haben die Verfassungsrichter Papier, Hoffmann-Riem und Verfassungsrichterin Hohmann-Dennhardt die oben beschriebene richterliche Denkweise bestaetigt.

Endlich war mir mein Knast sicher.

Jetzt kann ich berichten

"Draussen" und "drinnen"

Details, welche "draussen" keine Rolle spielten, gewinnen im Knast sofort an Bedeutung. Die moegliche Erlebnismenge ist im Knast naturgemaess kleiner als "draussen", doch ungeachtet dessen unendlich groesser, als je ein Mensch diese zu verarbeiten vermag. Das fuert zur inneren sowie aeusseren Freiheit auch im Knast.

In Dresden sass ich in der Stasi-Untersuchungshaft, welche den Erzaehlungen nach im Gegensatz der U-Haft in der Dresdner Schiessgasse der Polizei fue die Nichtstasi-Gefangenen nichts anderes war als purer Luxus. Die Vollzugsanstalten waren spaeter fue alle Haeftlinge gleich. Fue die Stasihaeftlinge bedeutete die ueerfuerung von U-Haft in ein Vollzugsgefaengnis eine Verschlechterung; fue die Nichtstasigefangenen vermutlich eine Verbesserung, wie heute uelich in ganz Deutschland.

In Hamburg beschloss Richter Andreas Buske, mich einzuweisen in die Untersuchungshaftanstalt Holstenglacis fue nicht politische Haeftlinge. Im heutigen Deutschland gibt es kein Pendant zu DDR-Stasi-Untersuchungshaftanstalten; fue politisch motiviertes privilegiertes Sitzen. Das System einer "nichtentehrenden" Freiheitsstrafe, der so genannten Festungshaft ist Ende des 2. WK abgeschafft. Somit wird jeder Gefangene entehrt. Keine Stasi-U-Haft, auch keine Festungshaft.
Den Ort des Strafvollzugs waehlen konnte ich in Hamburg nicht. Oft wird dies Verurteilten ermoeglicht. In meinem Fall jedoch entschied die Zivilkammer 24 anders.

Interessant ist in diesem Zusammenhang folgender HansOLG Beschluss vom 10.06.2005, welchen die Zivilkammer 24 (Richter Buske) kennen und beachten sollte.

Eine Untersuchungshaftanstalt ist fue einen Gefangene im heutigen Deutschland unangenehmer als die Vollzugsanstalt. Das ist nicht jedem "draussen" bekannt.

Gegenueer einem Vollzugsgefaengnis besitzt der Gefangene einer Untersuchungshaftanstalt wesentlich weniger Rechte und Moeglichkeiten. Er hat noch was zu verbergen, deswegen sitzt er ja auch in einer UHA. Ein Gefangener, der eine Haftstrafe absitzt, kann nichts mehr verbergen, das Urteil ist laengst gefaellt.

Weshalb die Zivilkammer 24 mit dem vorsitzenden Richter Andreas Buske mich ausgerechnet in die Bedingungen einer Untersuchungshaftanstalt gepresst hat, bleibt deren Geheimnis. Versetzt Richter Buske mich das naechste Mal fue laengere Zeit nach Holstenglacis, so werde ich im Gegensatz zu normalen Vollzugsgefangenen keine Moeglichkeiten erhalten zum offenen Vollzug. Denn die Untersuchungshaftanstalt Holstenglacis kann diesen trotz des HansOLG Beschlusses vom 10.06.2005 nicht gewaehrleisten.

Offener Vollzug widerspraeche deren UHA-Natur, d.h. deren Zweck. Den Beamten und dem Gebaeude derart Multifunktionalitaet abzuverlangen, ueerfordert alle, sowohl die Beamten und deren Leitung als auch das alte Gebaeude mit seiner inhumanen Zweckbestimmung, unruemlicher alter und neuer Geschichte.

Ich beschloss, die sechs Tage abzusitzen ueer Ostern.

So hielt unsere Firma den damit erlittenen Verlust moeglichst gering. Die Kunden arbeiten nicht ueer Ostern. ueer Ostern ist im Knast auch am wenigsten  los, also habe ich mehr Ruhe, kann mich meinen Interessen, dem Bueherlesen, widmen. Meine Familie half durch Aufbringen des noetigen Verstaendnisses.

Ich musste mich vorbereiten.

In der Ladung zum Strafantritt der Zivilkammer 24, deren Vorsitzender, Herr Richter Andreas Buske ist, war folgendes zu lesen, beginnend mit dem Abschnitt "Allgemeine Hinweise":

 

Mitbringen duefen Sie:

.... einige Bueher zur Fortbildung oder Freizeitbeschaeftigung ...

Heute weiss ich, dass nach Andreas Buskes Sprachverstaendnis, dieser Hinweis durchaus stimmen kann.  Bilden Sie sich nicht ein, sie dueften diese Bueher auch noch lesen. Mitbringen bedeutet noch lange nicht das Recht, die mitgebrachten Bueher auch noch ausgehaendigt zu bekommen.

Das weiss doch jeder durchschnittlicher Deutscher sowohl auf der Strasse als auch in der Kneipe.

ueer die Aushaendigung entscheidet die Anstaltsleitung. Sie entscheidet jedoch, dass bei Haftantritt mitgebrachte Bueher nicht ausgehaendigt werden. Kaufen kann man Bueher, doch auch nur in von der Haftanstalt zugelassenen Buchlaeden oder Buchversandhaeusern. Es ist wie mit dem Geld. Mitbringen darf man es, wann jedoch damit eingekauft werden darf, entscheidet verantwortungsvoll die Anstaltsleitung. Einen Unterscheid gibt es zwar, Geld sieht der Gefangene NIE, bei so genannten "Einkaeufen" wird  verrechnet. Mitgebrachte Bueher dagegen werden im Falle der Aushaendigung zum Gefangenen direkt in die Zelle gebracht.

Es kann auch sein, dass Bueher nicht mitgebracht werden duefen. Das heisst, Bueher duefen nur aus der Haftanstaltsbibliothek und mit Genehmigung der Haftanstalt aus dem Fach- und Versandhandel gekauft werden. Das sieht die UHA-Hausordnung vor. Mit richterlicher Erlaubnis duefen auch noch andere Bueher ausgehaendigt werden. Das Merkblatt der Zivilkammer 24 koennte eine solche richterliche Erlaubnis enthalten; hat sich bis jetzt nicht in der UHA Holstenglacis rumgesprochen. Den richtigen Gebrauch der deutschen Sprache setzt unser oberster Sprachaufpasser Buske eben nicht ueerall durch.
Die Folgen seiner weit reichenden Entscheidungen interessieren ihn vermutlich nicht besonders. Hauptsache, dem Gesetz ist im Rahmen der richterlichen Unabhaengigkeit, nachgeholfen mit finanziellem Druck, Genuee getan.

Telefonisch hatte ich mich vor Haftantritt in der Anstalt erkundigt, ob auch fremdsprachige Literatur in die UHA mitgebracht werden darf. Da von der Anstalt nicht verlangt werden kann, dass deren Beamten in fremden Sprachen lesen, vermutete ich die Moeglichkeit eines Verbots des Mitbringens fremdsprachiger Literatur.
Die klare Antwort "natuelich duefen sie diese mitbringen" haette mich stutzig machen muesen.

Nun bin ich ueer Ostern, in der Hoffnung das halbe dutzend mitgebrachter Bueher lesen zu koennen, blauaeugig erhobenen Hauptes in die UHA Holstenglacis einmarschiert.

Was mir abgenommen wurde:

  • Geld - das wusste ich vorher; ein Vergleich mit den Buehern und den anderen zum Mitbringen erlaubten Sachen haette mir den ersten Konflikt erspart
  • meine Telefonkarte
  • meine EC-Karte
  • meine Bahncard
  • meine Reisetasche
  • meine Tena-Windeln, denn ich leide nach einer Oparation unter Inkontinenz
    und selbstverstaendlich
  • meine mitgebrachten Bueher

Die gruedliche Nackt-Kontrolle - ich musste mich ausziehen, die Struepfe jedoch schnell wieder anziehen, denn die Beamten ekelten sich - sowie die gruedliche Kontrolle aller Sachen, einschliesslich der aus der Reisetasche - brachte es nicht zu Tage, dass mein Hosenguetel hohl war und innen einen Reissverschluss hatte. In diesem haette ich Geld, Drogen und sonstiges Zeug bequem in die Zelle schmuggeln koennen.

Im Stasi-U-Knast Dresden konnte ich ueer meine Hosen Kassiber nach aussen schmuggeln.

In Hamburg sind Kassiber nicht noetig, denn Briefe an Rechtsanwaelte und Abgeordnete duefen nicht kontrolliert, d.h. von der Anstaltsleitung gelesen werden.

Aber Drogen? Einen Schmuggelweg hatte ich schon nach  einer Stunde.


Dieser Riemen hat innen eine Tasche mit Reissverschluss. Bestens zum Schmuggeln geeignet.

Die UHA-Beamten kannten diese Schmuggelmethode nicht.

Die Kontrolle fand statt in einem ca. 12 qm grossen Raum in Anwesenheit zweier Beamten. Das war netter als in Dresden. Dort stand ich zunaechst einmal laengere Zeit in einer ca. 1 x 1 m grossen Zelle, musste mich dann ausziehen, erhielt Anstaltskleidung. Dass ich auf Zivilklamotten verzichte, unterschrieb ich in der Dresdner U-Haft selbstverstaendlich nicht. So durfte ich nach sieben Wochen als einziger diese tragen.

Hier in Hamburg hatte ich meine Zivilkleidung behalten duefen. Ich Dresden zog ich mich waehrend der Verhaftung mit der Bitte, mich umziehen zu duefen, splitternackt aus. Nicht einmal die Unterhose behielt ich an. Die rund ein dutzend Stasi-Leute wussten nicht, wie sie reagieren sollten. Vier Jahre spaeter handelte  Baerbel Bohley  ebenso. Die Stasi-Leute waren vorbereitet, trieben sie nackt auf die Strasse, von da aus ins Auto. Ich spiele mit dem Gedanken, was passieren wird, falls jemand seine Haft in Deutschland Heute antritt, bekleidet nur mit Unterhosen.

Auch mein Schreibzeug, die Kugelschreiber durfte ich in die Zelle mitnehmen, leider nicht die Bueher.

Der erste Tag meiner Haft war ein Donnerstag, der letzte Tag meiner Haft ein Dienstag. Freitag und Montag waren Oster-Feiertage, also die Knast-Bibliothek war geschlossen. Die meisten "wichtigen" Knast-Entscheider zu Hause.
Mir stand ein langweiliges Ostern bevor.
Genueend Zeit zum Einleben hatte ich nicht. Weder in der grauen Zelle die vielen Staeubchen zu bewundern noch die grosse Welt zu erkennen, das Gedaechtnis zu ueen bzw. vieles mehr, was das Zellenleben ebenbuetig mit dem Leben "draussen" machen kann. 6 Tage sind fue eine solche Umstellung meistens zu kurz.
Noch dazu in meinem fortgeschrittenen Alter von sechunssechzig Jahren.

Die Antwort des UHA-Beamten zum Widerspruch zwischen den Allgemeinen Hinweisen der Zivilkammer 24, dessen Vorsitzender Richter Andreas Buske ist, und der Information der UHA-Beamten, dass mitgebrachte Bueher den Gefangenen nur mit Genehmigung ausgehaendigt werden duefen, war:
"Das wissen wir, haben die Zivilkammer schon mehrmals darauf hingewiesen. Aber die nehmen das nicht zur Kenntnis." [Gedaechtniszitat].
Dieses Gedaechtniszitat beweist, dass der Beamte kein durchschnittlicher Deutscher ist, vielmehr hoch gebildet.
Er sah einen Unterschied zwischen "darf mitgebracht werden" und "Aushaendigung nur mit Genehmigung der Knastleitung".

Nach zwei Stunden - der Feierabend ruekte verheerend naeher - beschwerte ich mich bei der UHA-Leitung:

".... Die von mir mitgebrachten Bueher wurden mir nicht ausgehaendigt.
Ich bitte um Aushaendigung, wie das im Merkblatt des Landgerichts (Vorsitzender Richter Andreas Buske) [steht] bzw. um sofortige Entlassung, damit ich zu einem [spaeteren] Zeitpunkt (nicht ueer Ostern) die Haft antreten kann ...."

Nach 15 Minuten erhielt ich die Bueher. In der Dresdner Stasi-UHA waere das natuelich so nicht durchgegangen. Dort hatte ich kein Merkblatt, kannte also meine Rechte nicht.
Der Vorsitzenden Richter war mir unbekannt, zudem nicht erreichbar. Auch den Haftrichter haette ich anschreiben koennen ueer die Vernehmer. ueer Ostern, schon ab Donnerstag Nachmittag, waeren diese keinesfalls erreichbar gewesen. Auch in der DDR war Ostern ein heiliger sozialistischer Feiertag.

Erlauben Sie mir bitte eine existentiell wichtige Abweichung vom Knastbericht:

Mit dieser Veroeffentlichung droht mir eine Unterlassungsklage mit einem Strafverfahren, denn ich habe unwahr behauptet:

"....
Ich bitte um Aushaendigung, wie das im Merkblatt des Landgerichts (Vorsitzender Richter Andreas Buske) [steht]
...."

Im Merkblatt stand ja gar nichts geschrieben ueer die Aushaendigung. Ich belog die Beamten bezuelich des Vorsitzenden Richters, Andreas  Buske. Es muesten die BGB-Paragraphen 185 und 186  - Beleidigung und uele Nachrede - greifen.
Wenn schon ueer die Haarfaerbung unseres Kanzlers nicht ungenau berichtet werden darf. Wenn mehr als 8 Verhandlungen sich mit dem Wort "Scheisse" beschaeftigen. Wenn drei  Richter als Zeugen befragt werden, SO ist auch der Irrtum, dass "Mitbringen" "Aushaendigen" bedeuten sollte, zu bestrafen.
Zumal, wenn ueer einen Richter, der sogar dem Bundeskanzler den Mund  verbieten darf, Tatsachen behauptet oder verbreitet werden, welche geeignet sind, denselben veraechtlich zu machen oder in der oeffentlichen Meinung herabzuwuedigen. Es sei denn, die behauptete Tatsache ist erweislich [wirklich ?] wahr.

  1. "Mitbringen" ist erweislich nicht "Aushaendigung".
     

  2. "..., wie das im Merkblatt des Landgerichts stand" ist erweislich unwahr.
     

  3. "... des Landgerichts (Vorsitzender Richter Andreas Buske)..." ist geeignet, denselben veraechtlich zu machen oder ihn zumindest in der oeffentlichen Meinung herabzuwuedigen.

Die Beamten, welche die Beschwerde gelesen haben, stellen eine OEffentlichkeit dar, wenn auch  eine beschraenkte.
In Dresden genueten die Beamten in der Abteilung Inneres, welche meinen Lebenslauf zu lesen bekamen, sowie der Postweg vom Briefkasten zur Dienststelle, an die ich meinen "verleumderischen" Ausreiseantrag schickte, zur Herstellung von OEffentlichkeit. Genug, um mich zu verurteilen. Hielten die zustaendigen Beamten etwas Verleumderisches in den Haenden, griffen die Strafgesetzbuch-Paragraphen "Verleumdung" sowie "Hetze", nicht nur gegen die DDR und deren Fuerung sondern auch gegen befreundete Laender, allen voran selbstverstaendlich die UdSSR.

Sehr geehrter Herr Richter Andeas Buske, auch Sie haben die Chance; stopfen Sie mir mein freches Maul sofort an dieser Stelle. Was ich hier ausuee, ist keine Meinungsaeusserung, es ist Verleumdung, Beleidigung, wenn nicht uele Nachrede. Ich moechte wieder in den Knast. Bald werden Sie erfahren, warum.

Oder versteht mein Anliegen der durchschnittliche Deutsche nicht, und sind folglich auch fue Sie als Fachrichter der deutschen Sprache meine Worte nichts als boehmische Doerfer?

Nun hatte ich meine Bueher.

Jeder, der einmal eingelocht war, wird mir bestaetigen, dass der Knast an sich nichts schlimmes ist. Im Knast ist es nicht anders als "draussen". Auch "draussen" ist niemand wirklich frei.

Der wesentliche Unterschied: Dass man in einem engen Raum in der Knastzelle absolut abhaengig ist von den anderen. Dabei ist man fast machtlos, vergleichbar mit einem Hund, der in die Enge getrieben wird. Diese Abhaengigkeit von anderen, die Furcht, was passiert, wenn es brennt, oder Dir schlecht wird, bzw. Du einen Herzinfarkt bekommst, all dies Widernatueliche kann dich verruekt machen. "Draussen" wird dir schnell geholfen, du kannst Dir selbst Hilfe suchen. Im Knast eben nicht.

Unterstuezt wird diese Furcht noch bewusst durch das laute Knallen bzw. das Schliessen der Zellentueen. Du bist in dieser Situation bloss einer von vielen, bedeutungslos.

Fue die meisten Menschen ist das schon der erste Schock. Nun hatte ich mehr als zehn Monate Stasi-U-Knast hinter mir und wusste, dieses Eingesperrtsein in einer kleinen Zelle macht mir nichts mehr aus. Ohne Umwege im Startloch.

Die Beamten taten mir leid. Von den drei Richtern vermutlich nicht nur in meinem Falle missbraucht.

Allein schon der Gang zur Zelle. Der Wachtmeister immer im Abstand von ein bis zwei Meter dirigierend hinter mir darauf achtend, dass ich keinen Mist baue. Nun versuchen sie mal, jemanden von hinten aus zu dirigieren, wenn der zu dirigierende die vor ihm liegende Strecke nicht kennt. Auf dem Gang zwischen den Zellen musste die Seite mehrmals gewechselt werden, danach ging es die Treppen hoch und wieder runter, Auch Tueen waren dazwischen, manche mit Schloss, manche ohne.
Wie kann der Beamte eine Angriff vermeiden, wenn er doch an mir vorbei muss, um die Tue zu schliessen? Er muss anweisen, mich zwei Meter neben die Wand zu stellen mit dem Rueken zu ihm, so kann er sicher aufschliessen; braucht nicht zu befuechten, von mir ueerraschend angegriffen zu werden.
Er kennt mich doch nicht. Darf er den Schriftstueken, wenn dort etwas ueer meine Aggressivitaet steht, vertrauen? Wahrscheinlich wurde ihm nichts zu mir gesagt, ausser dass er mich in die Zelle Nummer 27 zu bringen soll.
Nun gibt es in dem alten Bau nicht immer Waende, an die zwei Meter weit von den Tue entfernt ein Gefangener einfach hindirigiert werden kann.
In meinem Falle wurde dieser Schnick-Schnack schnell aufgegeben, denn die Beamten sind auch  psychologisch geschult und haben vermutlich erkannt, dass ich kein koerperlicher Angreifer bin.

 

Die Zelle 27

Allein wollte ich sein.

In Dresden wurde ich einen Monat lang allein in eine Zelle zur Strafe gesperrt; mir hatte das Alleinsein besser gefallen als der Kontakt mit zufaelligen Zellennachbarn, vor allem, wenn diese jammerten.
In Deutschland Heute hat man das Recht, in der Zelle allein zu sein, denn es kann niemandem zugemutet werden, dass dein Zellennachbar genau dabei zuschauen kann, wie du scheisst. Deine Menschenwuede waere missachtet.

Lediglich wenn es in Knast knapp wird mit dem Platz, ist es erlaubt, mehrere Gefangene in einer Zelle zusammenzusperren.
In der UHA Holstenglacis sass ich allein in einer Zwei-Mann-Zelle als solche erkennbar am Doppelbett. Ansonsten wie in Dresden, nur das Fenster liess sich oeffnen; ich konnte nach draussen schauen und den dreimal taeglichen Hofgang beobachten, eine freiwilliges "Privileg", auf das ich selbst natuelich verzichtete.

Stuhl, Tisch, Waschbecken mit einem kaputten Spiegel, Spind, Schale aus weissem Porzellan,  Suppenteller (ebenfalls aus Porzellan), dreigeteilte Mittagsschale aus rostfreiem Stahl, Tasse, Stahlbesteck  (Messer, Suppen- und Teeloeffel, Gabel). Dazu zwei Decken mit Bettbezug, ein Bettlaken, ein Keilkissen als Kopfkissen, ein nicht passender Kopfkissenbezug, eine abwaschbare Matratze, ein Geschirrtuch. Natuelich durfte die Klobueste, das graue Toilettenpapier, der Mueleimer mit Deckel und Mueltuee nicht fehlen. Das war´s wohl.
Es reichte vollkommen fue die sechs Tage.

Im Stasi-U-Knast dagegen gab es eine Holzpritsche mit einer Matratze. Darauf schlief´s sich besser, als auf der abwaschbaren Matratze des Stahlbetts in HH. In Erinnerung erschien mir das Dresdner "Knastbett" ein wenig menschlicher.

Bei Mahlzeiten der Stasi wurde Plastikgeschirr durch die Luke gereicht. Auch das Besteck war aus Plastik. Alles zur Sicherheit der Haeftlinge, damit diese keinen Selbstmord begehen bzw. keine Ausbruchwerkzeuge bauen koennen. Weshalb das in Hamburg anders war - das wissen die Macher. Vielleicht sind Selbstmorde nichts schlimmes. Wen interessiert´s auch? Selbst schuld!

Handtuch, Waschlappen, Bademantel haette ich mitbringen muesen. Eine Thermoskanne haette ich im Knast kaufen koennen - doch erst nach der Entlassung, der Kaufmann stand feiertags nicht zur Verfueung. Dasselbe betrifft auch den Fernseher, falls in der Zelle - nicht wie in meiner -  Steckdose vorhanden. In ganz Holstenglacis soll´s in den Zellen keine Steckdosen geben.

Mein Schreibzeug, meine Bueher und Klamotten hatte ich ja noch.

Die ca. 5 mal 2,5 Meter haben mir gereicht. Es waren etwas weniger als in Dresden. Der Dresdner Stasi-Knast wurde etwas spaeter als der Knast am Holstenglacis gebaut.

In der Tue kein Guckloch, bei der Stasi gab es eins; es wurde sehr oft von den Etagenkellnern, wie wir liebevoll das Wachpersonal nannten, genutzt.

In Dresden gab es an den Waenden und auf den Pritschen keine Inschriften. Die Stasi achtete darauf. In Hamburg konnte ich mich an diesen ergoetzen.

 

Das Essen

Es war schlechter als 1984 in Dresden bei der Stasi. Dort erhielten die Haeftlinge das Essen aus der Stasi-Mitarbeiterkuehe, jedoch ohne Wahl. Der Koch war eindeutig kein Haeftling; denn zur Urlaubszeiten - im Sommer und zur Weihnachtszeit - schmeckte das Essen schlechter.

Die Beamten in Hamburg behaupteten, dass wir als Gefangene auch deren Essen erhielten. Ich glaube  nicht, dass die vom Essen weniger verstehen als die Stasiknechte in Dresden. Ansonsten, - oh, je!

Das Essen wird dafue nicht durch die Tueluke ´rein geschoben, sondern bei geoeffneter Tue ausgegeben von einem doppelt bewachten Kalfaktor. In der Stasi-U-Haft gaben das Essen die Stasi-Etagenkellner selbst aus. Waren sich dazu nicht zu fein.

So gab es am Karfreitag zu Mittag Fisch mit Fleischsauce vermengt:

- Bratfisch
- Kartoffelsalat mit Gemueeschnitzeln vermischt
dazu
- eine Fleisch-Gulasch-Sauce, darin schwammen ein paar kaum erkennbare Fleischstueke.

Sollte das wirklich nur mir geschmeckt haben, auch den Beamten?

Was es sonst noch zu Essen gab:

Portionspackungen haltbar bis weit in das Jahr 2006:
  • Diaet-Margarine von Becel
  • Schleswig-Holsteiner Butter (20 g)
  • Pflaumenmus, Erdbeer-, Aprikosenkonfituee, Rueenkraut-Sirup von Dr. Hoering (Zentis) (25 g)
  • Dreyer Nuss-Nougatcreme (Honighersteller) (20 g)
  • ObstLand Honig von Tegross Vertriebs GmbH
  • Frischgold Kraeuterquark (200 g)
  • Edamer Kaesescheibe-Frischpack (100 g)
  • Hofmeister Schmelzkaese leicht (62,5 g)

Danke an die lieben Hersteller!

In den 6 Ostertagen 2005 gab es:

zum Fruestuek (7:15):
4 Schnitten Schwarzbrot,r Graubrot oder Weissbrot (jeweils, falls vorhanden)
2 x Becel Diaet-Margarine oder einmal Butter - mein Dank gebuert Schleswig-Holstein
1 x Zentis-Konfituee oder "Rueenkrautsirup" oder Tegross-Honig oder Dreyer-Nougatcreme
2 Scheiben Jagdwurst oder 1 eine hart gekochtes Ei (ohne Salz) bzw. Geflueel-Hackepeter-Wurst
Tee oder heisses Wasser in die Schuesel gegossen

zu Mittag (11:30):
gebratener Fisch mit Gulaschsauce - Suppe mit einem pappigen Fleischklops plus Hackepeter-Stuekchen - Nudeln mit Gulaschsauce - Kartoffelsuppe mit Moehren und Bockwurst plus kleine Fleischstuekchen - Putenbraten oder Huenerschenkel nach Wahl mit Gulaschsauce
ueersalzene Kartoffeln;  Kartoffelsalat mit Gemueeschnitzeln - Reis bzw. Kartoffeln nach Wahl
Dazu:
0,5 l Milch Tetrapack
1 MILRAM Fruchtjoghurt
1 Apfelsine
1 Kiwi
jeweils an einem Tag

Abendessen (16:30):
4 Schnitten Schwarzbrot,r Graubrot bzw. Weissbrot (falls vorhanden)
2 x Becel Diaet-Margarine
1 x Zentis-Konfituee oder Tegross-Honig oder Dreyer-Nougatcreme
1 x Kaesequark mit Gemuee oder Kraeuterquark von Frischgold mit Edamer Kaese-Scheibe
2 (einmal 3) Scheiben Jagdwurst oder Geflueel-Hackepeter-Wurst
einmal Gemueesalat mit Majonaese

Als Ganzes ein ausgeglichenes Essen, doch schlechter als bei der Stasi Dresden (auch wenn es dort keine Portionspackungen gab).

 

Inschriften an den Waenden der Zelle, auf Bettbrettern und Tue

"Ich denke eher an die Unschuld einer Hure als an die Gerechtigkeit der deutschen Justiz"

"3,2,1 und tschues. Ich bin raus! Ha, ha, ha, Ihr seid bloed!"

"Die Freiheit hat einen Wert wie keine andere Sache. Das hatte ich nicht erkannt, bevor ich ich hier hinein gelangte!" (russisch)

"Heute werde ich entlassen, dann wird erstmal richtig gekifft und gefickt."

"Wir Menschen sind die Schlimmsten."

"Bleibt cool, Jungs! Das wird super!" (russisch)

"Jungs, morgen geht´s in die Freiheit, so werde ich morgen bis frue saufen und alle Huedinnen ficken, aber zunaechst hole ich mir die Kohle fue das, wofue ich hier sass." (russisch)

"Hier war ich Anton Gena. Im Februar zweitausendundvier." (russisch)

"Хочу косяк или колёс или шырева и камнем похуй чего лижбы не скучать.
Хотя бы урзина, но врач мне не дал, сука. Так я не наркоман, хотя в крови все нашли, что могли."
"Ich
moechte einen Joint, eine Tablette oder eine Spritze, scheiss egal, bloss keine lange Weile.
Wenigstens Ersatz, aber der Arzt, das Arschloch, gab mir nichts. Ich bin doch doch nicht suehtig, obwohl alles, was sie konnten, haben sie im Blut gefunden."

"5 g Beifuss
3 g Knabenkraut
1 g Katzenminze
trocken pulverisiert:
5 g Fett"

Alles zu einer Salbe
Hier ueerall einreiben
und Hallu´s schieben.

"Ob sie dich lieben oder hassen, irgendwann muesen sie dich entlassen."

"Volker war hier, weil er bloed ist!
Nix zu rauchen, keine Freunde, oh Scheisse.
Wenn ich nicht so feige waer, wued ich mich wegmachen!
Da es hier fue gute Ratschlaege und kluge Spruehe zu spaet ist,
kann ich jedem. der hier sein muss, nur sagen:
 «Gebt die Hoffnung nicht auf. Jungs!»"

"Gegen Nazis! Nazis raus!"

"Hundesoehne, geben am Wochenende kein Papier.
Ich werde alle Betten voll schreiben. Anton" (russisch)

"Was ist ein Tueke mit dem Messer in der Hand?
Kartoffelschaeler.
Nein.
Ein Feigling, der sich nicht anders helfen kann.
Scheiss-Kakerlaken-Pack!"

Inschrift auf der Tue:
"Ausgang
Aber auch Eingang zur Hoelle.
Eingang zur Hoelle:
- Vernehmungen
- Gegenueerstellung
- Vollzug
- Hofgang
- Arzt(?)
- Abschiebung"

"Ich sitze im Dunkeln,
die Kammer ist feucht.
Hinter Gittern gefuetert
 als Adler kaum fluege.
A.S Puschkin" (freie ueersetzung aus dem Russischen)

 

Die Beamten

Scheinen militaerisch nicht gedrillt worden zu sein. Oder die Bundeswehr-Befehls-Gehorsamserwartungen sind andere als bei den zum militaerischen Gehorsam gedrillten UHA-Boys der Stasi.
Meine Befehle "Kehrt marsch!" "Setzen" hatten in Dresden vorbildlich funktioniert.
Es traute sich nach achteinhalb Monaten kein einziger Stasi-Knastmeister mehr zu mir in meine Zelle.
Der Drill hat das eigene Denken verdraengt.
Auch die Beamten in Holstenglacis vermeiden ernsthafte Diskussionen, sie arbeiten nach Schema, doch militaerische Befehle haetten vermutlich keine Wirkung. Habe es auch gar nicht probiert.

Die Knast-Beamten sind als Ganzes ein paar recht angenehme Typen. Bei zweien sah ich keinen aeusseren Unterschied zu den Knastbrueern. So meine Beobachtungen aus dem Fenster beim Hofgang. Habe jedoch keinen Beamten naeher kennen gelernt.

Meine Beamtenkontakte:

- Einlasspfoertner - nimmt den Personalausweis ab und benachrichtigt den Abholdienst

- abholender Beamter, schweigt, fuert mich mit einigen Zwischenstationen zur Nackt-Kontrolle

- zwei Beamte bei der Nackt-Kontrolle

- ein begleitender Beamter zur Zelle, dann zur Personenerfassung, zum Arzt

- Erfassungsdame - Foto etc.

- Arzt mit zwei weiblichen Helferinnen

- zwei begleitende Beamten des Kalfaktors bei der Essensausgabe

- Beamter, dem ich meine Beschwerde wegen der Bueher abgab

- Beamter, der ein kurzes Gespraech ueer die Hausordnung fuerte

- Beamter, der mir die Hausordnung gab

- Beamter, der mir die Bueherliste gab

- Beamter, welcher mich aufklaerte ueer Taubenfueterungsverbot

- Beamter, geht mit zum Arzt am Tag der Entlassung

- Beamter in der Reservatenkammer (Aufbewahrung des persoenlichen Eigentums der Gefangenen, welches nicht in die Zelle mitgenommen werden darf)

- Beamter zur Entlassungs-Beamtin

- Beamtin in der Entlassungs-Stelle

Nicht erwaehne ich die Koeche, die Kalfaktoren, die Reinigungskraefte, die meinen Muel entsorgen, sowie Organisatoren, welche dafue sorgten, dass auch Brot, Butter, Obst und andere sehr angenehme Dinge  immer in fast ausreichender Menge vorhanden sind.

So viel "Umsorgtsein" erlebe ich "draussen" vielleicht zusammengerechnet mit etwas Gluek innerhalb eines ganzen Jahres.
Ich kaufe selbst ein, darf nicht vergessen, dass etwas fehlt - Stress, Stress, Stress - muss auch ans Geldverdienen fues Essen denken. Im Holstenglacis: all das entfaellt.

Gespraechsnotizen zum Verstaendnis des zwischen Gefangenen und Beamten herrschenden Geistes:

1. Die Mueltuee gab ich zum Leeren raus, und ich bat um eine neue bzw. Ruekgabe der Tuee fue den Eimer.

"Wozu?"
-  "Wegen dem Muel, braucht aber auch nicht zu sein."
- "Ist ihr Problem, wenn der Eimer stinkt."
"Nein, nicht mein Problem, stinkt nach mir."
- "Was, sie sind wohl nicht lange drin?"
Mit den Worten: - "Moechte mich mit Ihnen nicht streiten," gab er mir die Tuee wieder.

Moral von der Geschichte: Mueltueen immer mitbringen.

2. Ich fueterte auffaellig-unauffaellig die Tauben mit meinem Brot

Nach zwei Fueterungstagen geht die Zelltue auf:

- "Fuetern Sie bitte nicht die Tauben"
"Warum nicht!?"
- "Sie sehen, die Tauben sind krank. Das liegt am Brot. Das ist fue Tauben ungesund."

Ich habe mich ueerzeugen lassen; die Tauben waren wirklich am Hals ohne Federn.
Die Stadtordnung, welche das Fuetern von Tauben bei Strafe verbietet, koennte auch im Knast greifen, erst recht nach meiner Schule im Recht bei solch angesehenen Richtern wie Richter beim Landgericht Hamburg, Herrn Andreas Buske,  und Richterin am Hanseatischen Oberlandesgericht Frau Dr. Raben sowie Richter ebendort Herrn Buehel.

 

Der Alltag

6:45 Wecken

7:15 Fruestuek

11:30 Mittag

16:30 Abendessen

17:45 Einschluss, Muelleerung, sonstige Wuesche (z.B. Arztbesuch, Einkauf etc.), Zeitungen

22:00 Nachtruhe - Licht wurde nicht ausgemacht, konnte von Hand ausgeschaltet werden.
Dies gab es im Stasiknast nicht.

Vormittags und Nachmittags Hofgang:

Bis zu 30 Haeftlinge laufen taeglich ca. 1 h im Kreis.

Auf den Hofgang habe ich verzichtet. Mir wurde ein individueller Hofgang angeboten. Doch auch auf diesen habe ich verzichtet.

In der Liste der Disziplinarverfahren ist die getrennte Unterbringung waehrend der Freizeit bis zu vier Wochen die fuefthoechste Strafe und der Entzug des taeglichen Aufenthalts im Freien bis zu einer Woche sogar die sechsthoechste Form der Bestrafung. Danach kommt Entzug der zugewiesenen Arbeit oder Beschaeftigung, Beschraenkung des Verkehrs mit Personen ausserhalb der Anstalt bis zu drei Monaten und Arrest bis zu 6 Wochen.

Freigang-Hof von aussen
Meine Zelle mueste die unten rechts gewesen sein

Also hatte ich mir selbst schon eine sehr hohe Disziplinarstrafe auferlegt und war damit frei. Konnte z.B. ungestraft Tauben fuetern.

In der Zwischenzeit habe ich die mitgebrachten Bueher gelesen, geschrieben, aus dem Fenster den Hofgang beobachtet, geschlafen oder bin ein wenig in der Zelle ´rumgelaufen.

Wieder konnte ich mich mit Physik beschaeftigen und habe leider Brian Greene "Das einsame Universum" nicht zu Ende lesen koennen. Die 6 Tage waren viel zu schnell vorbei.

Langweilig war es nicht.

Es gibt natuelich auch eine Hausordnung, mueste eigentlich in jeder Zelle liegen, auch in tuekisch, russisch bzw. den anderen Gefangenensprachen.

"Die Gefangenen beschaedigen diese sehr schnell, deswegen geben wir sie fue einige Tage auf Anforderung," erklaerte mir der wachhabende Beamte. Ich erhielt die Hausordnung am Dienstag, also dem vorletzten Hafttag, und konnte sie gleich abschreiben. Hausordnung UHA Holstenglacis, Hamburg.
Entspricht fast woertlich der Untersuchungshaftvollzugsordnung (UVollzO) bzw. dem Strafvollzuggesetz (StvollzO) .

Vorgenommen hatte ich mir, dem Justizsenator Kusch anzubieten, die erforderlichen Exemplare kostenlos Holstenglacis zu liefern, auch russisch.
Geschrieben habe ich das ihm nach der Entlassung nicht. Denn es aergerte mich seinerzeit, vom Justizsenator keine Antwort auf mein Schreiben erhalten zu haben. Nicht einmal fue noetig hielt er es seinerzeit, mir den Erhalt des Schreibens zu bestaetigen.
Heute weiss ich: das Fehlen der Hausordnung in der Zelle ist kein Einzelfall. Vermutlich System.

 

Nachwort

ueer Gefaengnisse wurde und wird viel geschrieben. Meist sind die Berichte in den Medien und der Literatur nur so, dass man sich wundern muss. Es wird selten beschoenigt meistens verteufelt.

Das ist kein Zufall, denn was "hinter Gittern" passiert, soll abschrecken. Den normalen Bueger sollten Details, Ursachen und Hintergruede nicht interessieren. Resozialisierung der Gefangenen soll angebracht sein - kaum jemanden interessieren Details.

Ein Bueger, welcher alle Gesetze einhaelt, damit den gesellschaftlichen Konsens, gelangt, so wird im Allgemeinen angenommen, niemals in ein Gefaengnis. Denn das Gefaengnis ist der Ort fue Diebe, Raeuber, Moerder und sonstige Lumpen der Gesellschaft, welche weder schaffen, normal zu leben, noch dazu faehig sind.

Wird ueer Gefaengnisse wahrhaftig geschrieben, stehen im Vordergrund meist Sensationen bzw. die Popularitaet des Berichterstatters; von als "Sachzwaenge" verkleideten wirtschaftlichen Interessen moechte ich hier lieber schweigen.

Dass Gefaengnisse sich ueerholt haben, wird diskutiert, bewegt hat sich nichts.

Mein Anliegen besteht darin, dem "normalen Bueger" die Furcht vor dem Gefaengnis zu nehmen, sich von diesem Schreckgespenst weder einschuehtern noch missbrauchen zu lassen; als Persoenlichkeit in Konflikten mit den Maechtigen zu bestehen, so die sich ihm bietende Chance zu nutzen, daran zu wachsen.

Links:

Hamburger Abendblatt - 28.02.2006 - Geheimbericht des Europarats ueer Hostenglacis - rot markiert sind meine Bestaetigungen.

http://www.strafvollzug-online.de - eine ueersicht mit Gesetzen und Hinweisen zum Strafvollzug

Hausordnung UHA Holstenglacis, Hamburg

Gefangenenrechte

Buskeismus - Seite zu der Urteilen, Beschluesen und der Prozessfuerung von Richter Andreas Buske

Politische Gefangene in Deutschland Heute

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Dieses Dokument wurde zuletzt aktualisiert am 12.03.06
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